30 Jahre „Lebendige Brücke“ am Checkpoint Charlie: „Lasst uns wieder Brücken bauen“
Berlin, 20.07.2019 – Vor 30 Jahren, am 13. August 1989, habe ich mich über die „Weiße Grenzlinie“ am berühmten Checkpoint Charlie in Berlin gelegt. Drei Stunden dauerte diese als „Lebendige Brücke“ bezeichnete Demonstration, weil sich US-Amerikaner und Sowjets erst über die Zuständigkeit einigen mussten. Ich lag zur Hälfte („Mit Kopf und Herz“) im Sowjetischen Sektor und („Mit Beinen und Füßen“) im US-Amerikanischen Sektor.
Aus aktuellem Anlass werde ich an diese letzte Mauerdemonstration vor dem Fall der Mauer am 12. August 2019, ab 11:00 Uhr, am Checkpoint Charlie erinnern. Gleichzeitig beende ich damit meine aktive Aktionszeit im Alter von nunmehr 75 Jahren, während der ich zwischen 1961 und 1989 mit zahlreichen Hungerstreiks und Demonstrationen gegen die Mauer demonstriert habe. Ich begründe die aktuelle Demonstration zum 30. Jahrestag wie folgt:
„Mich beunruhigt die sich verstärkende Auseinandersetzung und vielfach provokante Gegensätzlichkeit zwischen Ost und West. Wir sollten uns gerade im 30. Jahr des Mauerfalls daran erinnern, dass wir über Jahrzehnte hinweg die historische Brückenfunktion zwischen beiden Teilen unseres Landes besonders hier in Berlin bewahrt und verteidigt haben. Diese Brückenfunktion verhalf uns schließlich über ein unvergessenes Meer von Tränen und vielfachen schweren Schicksalsschlägen, die oft Leib und Leben forderten, die als unüberwindlich geltende Mauer aus Beton und Stacheldraht zu überwinden. Der schließliche Fall der Mauer war ein Ergebnis dieses Zusammenhaltes, des gemeinsamen Kampfes von Menschen in Ost und West. Lasst uns diese Brückenfunktion wieder beleben. Lasst uns gemeinsam gegen die unsägliche Belebung überwunden geglaubter Gegensätze aus einem geteilten Land antreten. Wir sollten das WIR an die Stelle oft hasserfüllter „Die-da-drüben-Sätze“ oder der Begriffe „Ossis und Wessis“ stellen. Lasst uns wieder Brücken bauen. Lebendige Brücken, damit wir nicht an den toten Floskeln einer untergegangenen Zeit ersticken und neue Mauern errichten oder gar verteidigen. Wir – unser Land – haben nach dem unvergessenen Glück des 9. November 1989 Besseres verdient!“
Zur Person:
Ich wurde 1944 geboren und wuchs im geteilten Berlin auf. Schön sehr früh interessierte ich mich für die jüngste Geschichte, besonders für den Widerstand gegen das NS-Regime durch Stauffenberg & Co. Für mich stand das „Nie wieder“ damit schon sehr früh fest. Die tiefen Eindrücke vom Volksaufstand in Ungarn (1956) politisierten mich als 12jährigen. Mit 14 Jahren schrieb ich ein 60 Artikel umfassendes Deutschland-Papier, in dem die Lösung der deutschen Frage unter internationaler Beteiligung beschrieben wurde.
Nach dem Mauerbau demonstrierte ich permanent bis zum Fall der Mauer gegen dieses „Bauwerk der Unmenschlichkeit“. 1963 trat ich der Vereinigung 17. Juni 1953 bei, deren Vorsitzender ich von 2002 bis 2019 war. Nach mehreren Hungerstreiks an der Mauer wurde ich 1965 anlässlich einer (dritten) Demonstration „für den Fluchthelfer Harry Seidel und die Freilassung von 14.000 politischen Gefangenen in der SbZ“ (Sowjetisch besetzte Zone) am Checkpoint Charlie verhaftet und 1966 zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. Auch Bundeskanzler Ludwig Ehrhardt unterschrieb seinerzeit am 1. Mai 1966 in Berlin eine Petition zur Freilassung.
Nach dem Freikauf durch die Bundesregierung setzte ich meine Proteste gegen die Mauer fort. Ich folgte damit einem Schwur, den ich 1961 vor der zugemauerten Versöhnungskirche als 17jähriger abgelegt hatte: Nicht zu ruhen und zu rasten, bis dieses Bauwerk der Unmenschlichkeit fallen wird oder ich selbst nicht mehr lebe.
Nachdem ich aufmerksam die besonders 1989 vermerkten Unruhen in der DDR verfolgt hatte, wollte ich zum 28. Jahrestag des Mauerbaus „ein Zeichen der Verbundenheit und Ermutigung“ für die Menschen in der DDR geben und entschloss mich zu der viel beachteten Demonstration „Lebendige Brücke“ am Checkpoint Charlie am 13. August 1989 (siehe auch: „Der Mann vom Checkpoint Charlie“, https://www.youtube.com/watch?v=Dtzixl1KRNU).
Brust und Kopf im Ostteil so11ten belegen, dass die Deutschen in Ost-Berlin und der DDR mit Kopf und Herz in ihrer unmittelbaren Heimat verwurzelt sind, „aber sich durch staatsterroristische Wil1kür veranlasst sehen, aus ihrer unmittelbaren Heimat zu flüchten“. Die Beine und Füße im Westen sollten das verbürgte Menschenrecht symbolisieren, selbst über sein Ziel entscheiden und dahin gehen zu können, wohin man wolle.
Nachdem sich die Alliierten nach über drei Stunden über die Zuständigkeiten geeinigt hatten, wurde ich auf Anweisung der Amerikaner von der West-Berliner Polizei von dem Grenzstrich „entfernt“ und in einem Polizeifahrzeug zur nächsten Inspektion gefahren. Ein noch am selben Tag beantragter Haftbefehl „zur Vermeidung weiterer Demonstrationen am Checkpoint Charlie“ wurde von der damals diensthabenden Richterin abgelehnt.
Bitte beachten Sie die Sperrfrist: 20.07.2019, vielen Dank!
Carl-Wolfgang Holzapfel
Pestalozzistr.26
10627 Berlin
Mobil: 0176-48061953
Kiez-Spaziergang: Auch CDU-Fraktionschefin war dabei
Berlin, 14.05.2018 – Zu unserem Bericht über den Kiezspaziergang „Mieterwut: Kiezspaziergang mit Bundestagsabgeordneten“ erreichte uns von dem Veranstalter „Mieter-Werk-Stadt“ nachstehende Ergänzung:
Aus der BVV ist auch die CDU-Fraktionschefin, Susanne Klose, mit-spaziert.
Die im Bericht angeführten Stadträte Oliver Schruoffeneger und Arne Herz hatten ihre Teilnahme „mit Bedauern“ abgesagt. Stadtrat Schruoffeneger hatte zeitgleich eine BVV-Ausschuss-Sitzung (Verkehr und Tiefbau); Arne Herz hatte für den nächsten Spaziergang um einen früheren Kontakt gebeten, damit er seine Teilnahme beim nächsten Kiez-Spaziergag möglich machen kann.
Antrag auf Milieuschutz
Die BVV hat den Antrag auf Vorbereitung des Milieuschutzes für das Gebiet zwischen Schloßpark und Rönnestraße am 22.6.2017 behandelt und an den Stadtentwicklungsausschuss überwiesen. Der Ausschuss hat den Antrag am 19.7.2017 befürwortet. In der Sitzung vom 21.9.2017 hat die BVV dann den Antrag ohne Änderungen übernommen und beschlossen. Einen Satzungsbeschluss (genauer: die Erhaltungsverordnung für dieses Gebiet) konnte sie noch nicht beschließen, weil das Bezirksamt erst die – nach unseren Recherchen letzten Monat beauftragten – städtebaulichen Untersuchungen abwarten und auswerten muss, um dann auf deren Basis der BVV einen Satzungsentwurf zur Beschlussfassung vorzulegen. Entscheidungsreife hierzu wird erst nach der Sommerpause 2018 eintreten.
Wolfgang Mahnke, Mieter-Werk-Stadt
Mieterwut: Kiezspaziergang mit Bundestagsabgeordneten
„Wir haben nicht die reale Mauer in Berlin zu Fall gebracht, um danach neue Mauern in unseren Köpfen und Herzen zu errichten.„ Mauerdemonstrant ______________________________________________________________________________________________
Berlin, 11.05.2018/md – Auch in Charlottenburg breitet sich der Unmut und die Wut über den Umgang mit teilweise jahrzehntelangen Mietern, die durch ständige Mieterhöhun-gen oder andere an Mobbing erinnernden Maßnahmen aus ihrem gewohnten Umfeld vertrieben werden. Damit nicht auch Charlottenburg weiter Opfer von Immobilien-Spekulanten wird, hatte die MieterWerkStadt nach vielen Jahren wieder zu einem Kiezspaziergang eingeladen. Ziel war die Information von Teilnehmern über ausge-suchte beispielhafte Objekte zwischen Kaiserdamm und Klausner Platz.
Immerhin hatten sich rund 60 Bewohner zu diesem Rundgang vor dem Himmelfahrtstag am 9. Mai eingefunden, unter diesen die Bundestagsabgeordneten Klaus-Dieter Gröhler (CDU) und Lisa Paus (Bündnis90/GRÜNE). Zwar waren auch die Fraktionen der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf sowie eigens die Stadträte Arne Herz (Bezirksstadtrat für Bürgerdienste, Wirtschafts- und Ordnungsangelegenheiten) und Oliver Schruoffeneger (Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Bauen und Umwelt) eingeladen, waren der Ein-ladung aber aus unbekannten Gründen nicht gefolgt.
Der Spaziergang führte über die Anwesen Seelingstr.1, Nehringstr.11, Danckelmann-str.21, 14, 21, Gardes-du-Corps-Str.12 über den Klausnerplatz 19 zurück zur Danckel-mannstr. 2 und die Neufertstr. 1 und 19-21 (ehem. Reithalle und jetzt Bio-Company).
Mitglieder der MieterWerkStadt aber auch aktuelle und ehemalige Bewohner beschrie-ben die Gründe, warum das jeweilige Anwesen in den Katalog des Kiezspaziergangs aufgenommen worden war oder schilderten eindrücklich ihre teilweise erschütternden persönlichen Erlebnisse vor Ort Über steigende Mieten und bedrohliche Spekulationen der Immobilien-Mafia. Lisa Paus unterhielt sich noch nach dem Kiezspaziergang ange-regt und interessiert in dem Bierlokal ZAP mit Teilnehmern, während Klaus-Dieter Gröhler nach dem Ende nicht mehr gesehen wurde.
Die MieterWerkStadt hatte für den Kiez Milieuschutz (Erhaltungsverordnung) beantragt, über den Antrag ist in der BVV bisher noch nicht entschieden worden. Die sozialen Erhaltungsverordnungen haben gemäß § 172 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 Baugesetzbuch zum Ziel, die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung in einem Gebiet aus besonderen städte-baulichen Gründen zu erhalten und einer sozialen Verdrängung entgegenzuwirken bzw. vorzubeugen. Dabei sind soziale Erhaltungsverordnungen kein Instrument des aktiven Mieterschutzes, sondern stellen ein städtebauliches Instrument dar, um die gewachse-nen Strukturen der angestammten Bevölkerung zu schützen.
Zur Auswertung des Kiezspaziergangs und der Planung weiterer derartiger Begehungen laden die Veranstalter zur nächsten turnusmäßigen Sitzung am 6. Juni 2018, 18:30 Uhr im Mieter-Club (Neue Christstr.8) ein. Als weitere Themen sind vorgesehen:
– Sichtung weiterer geeigneter Objekte auf neuen Routen,
– Kampagne „Deutsche Wohnen enteignen“ und
– Bodenpolitische Leitlinien als Grundlage auch für die weitere Kiezarbeit.
V.i.S.d.P.: Carl-Wolfgang Holzapfel, Berlin – Tel.: 030-30207785
Weisheit aus der Türkei
„Wer einen Freund sucht
ohne Fehler,
bleibt ohne Freund.“
Am 23.03.2018 in einem Türkischen Cafe
in Berlin-Wedding entdeckt.
Walter Rutin löst Krise aus: „Schlesien ist Teil von Deutschland!“
Breslau/Berlin, 19.03.2014/md – Empörung und die Androhung „energischer Gegenmaßnahmen“ hat die Forderung Walter Rutins ausgelöst, Schlesien wieder in den „Verband Deutschland“ einzugliedern. Man werde seitens der Schlesier ein Referendum anstreben, um Schlesien die Rückkehr in die angestammte Heimat zu ermöglichen. Im Zuge des verlorenen Weltkrieges war u.a. Schlesien vor nahezu 70 Jahren der damaligen Volksrepublik Polen zugeordnet worden, obwohl lt. Rutin „Schlesien seit Jahrhunderten fester Bestandteil Deutschlands war und ist.“ Dieser Fehler müsse wieder korrigiert werden.
Rutin gilt als einflussreicher Sprecher der in Schlesien lebenden Deutschen. Er sieht eine Bedrohung der „in Schlesien verbliebenen Deutschen“ durch „nationalistische und faschistische Polen“ und fordert deren „Wiedervereinigung und Rückkehr nach Deutschland“.
In ersten Reaktionen äußerten sich führende europäische Politiker bestürzt. Mit der „unhaltbaren und durch das Völkerrecht nicht gedeckten Anschlussforderung“ löse der Schlesien-Führer eine europäische Krise und „einen neuen Kalten Krieg“ mit unabsehbaren Folgen für den Weltfrieden aus. Sie kündigten unisono „harte Konsequenzen durch empfindliche Sanktionen“ an.
Auch in Polen selbst stießen die jüngsten Forderungen auf entschlossene Ablehnung. Man werde eine wie immer geartete Aggression „niemals anerkennen.“ Man appellierte an den Westen, sich des unseligen „Anschlusses Österreichs unter Hitler und des erpressten Abkommens von München“ zu erinnern, durch das die „Einverleibung des zur Tschechoslowakei gehörenden Sudetenlandes“ nur zwanzig Jahre nach der völkerrechtlichen Gründung des tschechischen Staates widerstandslos abgesegnet worden sei.
V.i.S.d.P.: Mauerdemonstrant, Berlin, Tel.: 030-30207785
Einwurf: Heuchler, Hehler und Bushido
Berlin, 16.07.2013 – Was haben Bushido und die NSA gemeinsam? Über beide regen sich vornehmlich Politiker auf, die andernorts schweigen, obwohl sie ebenfalls bestens informiert sind.
Nehmen wir Bushido. Man könnte ihn auch abkürzen mit „Bu(ll)shi(t)“, denn was er produziert, verdient oft keine andere Bezeichnung. Aber diese Abkürzung bleibt versagt, man will sich ja konform verhalten und nicht des Rassismus durch jene Politiker und Medien beschuldigt werden, die sich jetzt so über den geifernden Rapper ereifern. Aber warum dieses plötzliche Geifern gegen einen aus dem Ruder laufenden musikalischen Marktschreier, den man sonst für eine skurrile Erscheinung der Szene hält? Dass der Regierende Bürgermeister jetzt Strafanzeige erstattet und sich eigentlich damit gegen die eigene Wort-Kreativität stellt („Berlin ist arm, aber sexy.“ Oder „Ich bin schwul und das ist gut so.“) ist wohl eher dem Sommerloch oder dem versuchten hechelnden Sprung auf die angelaufene Medienhype zu verdanken, als wohl einem Rechtsschutzbedürfnis oder gar sachlicher Empörung.
Jedenfalls ist von Klaus Wowereit nicht bekannt, das er sich schon einmal über den als „Ayatollah aus Neustadt“ benannten Wanderprediger und Vorsitzenden eines SED-Opferverbandes empört hätte. Zwar hat dieser noch nicht so billig gehetzt, wie Bushido, der gekotzt hat: „Du wirst in Berlin in deinen A…. ge….. wie Wowereit“; diese Form der Primitivität käme dem Prediger niemals über die Lippen. Der zieht, natürlich theologisch „untermauert“, lieber über die Knechte Satans her, in die er auch schon mal die Juden einbezieht, oder – sich wesentlich seriöser als Bushido gebend – über die Homosexualität:
„Wenn unsere Kirche homosexuelle Lebensweise akzeptiert, macht sie sich an ihrem Auftrag, Sünder zur Umkehr zu rufen, schuldig. Gleichzeitig versündigt sich eine solche Kirche an den homosexuellen Menschen selbst, da sie ihnen die Botschaft der Umkehr schuldig bleibt. Wenn unsere Kirche homosexuelle Lebensweise akzeptiert, macht sie sich an der inneren Einheit der Weltchristenheit schuldig.“ (Rainer Wagner in „Erneuerung und Abwehr“/2004, Herausgeber: Vorstand der Evangelischen Notgemeinschaft).
Ob sich der Autor dieses flammenden Protestes, hauptberuflicher Missionar und nebenberuflicher UOKG-Vorsitzender, selbst versündigt, wenn er sich mit stolzgeschwellter Brust neben dem so gescholtenen Klaus Wowereit ablichten oder gar von diesem Festivitäten für die UOKG ausrichten lässt, ist nicht bekannt. Bekannt ist aber, dass sich weder Klaus Wowereit noch andere jetzt empörte Politiker oder gar Medien über diese Form verbreiteter Homophobie oder gar Religionshetze („Juden etc. sind Knechte Satans“) geäußert haben. Auch Schweigen kann Hehlerei bedeuten.
Das erinnert Mauerdemonstrant an die Empörung über die NSA. Man weiß als Politiker seit Jahrzehnten über die Fortsetzung der „Vorbehalte“ durch die (einstigen) Alliierten z.B. im Zwei-Plus-Vier-Vertrag Bescheid und empört sich jetzt über die Auswirkungen: „Ja, hat denn die Bundeskanzlerin den Schutz unserer Interessen noch im Griff?“ Gemach, es ist Wahlk(r)ampf. Da fragen die Empörer nicht nach, was sie zum Schutz „unserer Interessen“ während ihrer Regierungszeit unternommen haben. Und nach der Wahl wendet man sich eh anderen Themen zu.
So bleibt unter dem Strich viel Lärm um Nichts. Es sei denn, man gehört zu den Bürgern, die diesen Lärm und gewisse Ausdrucksformen schon immer verachtet haben. Diese Bürger haben Verständnis für die Empörung über den verbreiteten Bullshit, ob von Bushido oder einem Ayatollah. Und diese Bürger machen keinen Unterschied zwischen den Ausrastern eines Bushido und den gepflegten Formen der Beleidigung eines selbsternannten Ayatollahs. Der kleine, aber entscheidende Unterschied: Das eine lässt sich wie das Thema NSA (einschließlich wohlfeiler Empörung) vermarkten, das andere nicht.
Wenn es aber auf Inhalte n i c h t ankommt, warum empören oder gar mit dem Staatsanwalt drohen? Heuchler aller Parteien, vereinigt Euch.
Bürger schlafe – die Polizei schläft auch
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Berlin, 27.06.2013/md – Immer wieder appellieren Politiker, Polizei und Medien an den Bürgersinn: Seid wach. Haltet die Augen offen. Wachsamkeit kann keine Verbrechen verhindern, aber einschränken. Und so weiter… Nach den Erlebnissen eines Berliner Ehepaares möchte man eigentlich konstatieren: Bürger schlafe, die Polizei schläft auch. Warum?
Claus Birnbaum (Name geändert) wollte nach dem vielen Regen am Mittwochabend mit seiner Frau noch einen Gang vor die Tür machen. Zuvor schlenderte das Paar zur nahe liegenden Bank. Etwas Geld aus dem Automaten ziehen. In der Bank (wieder einmal) Besuch. Ein Mann, dunkler Teint, ordentlich gekleidet, saß auf der marmornen Fensterbank, wo gelegentlich Obdachlose – besonders im Winter – ihr nächtliches Wärmequartier beziehen. Also nichts ungewöhnliches. Oder doch?
Was suchte um diese Zeit (20:40 Uhr) ein recht ordentlich gekleideter Mann in ersichtlicher „Warteposition“ im Vorraum einer Bank? Zumal er nicht den Eindruck von Hilfsbedürftigkeit erweckte? Wurden nicht zur Zeit Banken ausspioniert, Kassenautomaten gesprengt oder aus der Halterung gerissen? Oder könnte gar ein später Bankkunde in Gefahr geraten?
Das Ehepaar entschloss sich, die Bank über eine gewisse Zeit zu beobachten. Der Mann stand zwischenzeitlich auf, blieb vor einem der drei Geldautomaten stehen (nur der Rücken war zu sehen), setzte sich wieder, blickte auf die Uhr, ging hin und wieder vor die Bank, schaute sich um, ging wieder in die Bank.
Um 21:15 Uhr entschloss sich Birnbaum (70), selbst gelernter Banker, den Notruf der Polizei anzuwählen. Einer Polizistin schilderte er die Beobachtungen des Ehepaares und meinte, man solle vielleicht einmal nachschauen oder ggf. die Personalien überprüfen. Die Beamtin ließ sich den Ort erklären und versprach, einen Streifenwagen vorbeizuschicken.
22:31 Uhr: Erneuter Anruf unter 110. Ja, man wisse von dem Anruf, eine Streife sei vor Ort gewesen, habe aber nichts bemerkt. Nach dem Hinweis von Birnbaum, er und seine Frau habe keine Streife bemerkt, außerdem habe man ja avisiert, dass der Anrufer angesprochen werden würde, versprach der Polizist, erneut eine Streife vorbei zu schicken.
22:53 Uhr: Nachdem die beobachtete Person samt kleinem Rucksack, einer Plastiktüte und einem Blumentopf die Bank verlassen und zur Überraschung des Ehepaares ein gegenüberliegende Spiel-Casino betreten hatte – Was suchte ein vorgeblich Obdachloser in einem Casino? – erneuter Anruf unter 110. Ein etwas ungehaltener Beamter bestätigte die vorhergehenden Anrufe und: Man habe eine Zivilstreife vorbeigeschickt, die habe nichts bemerkt. Man könne ja auch nicht einfach Personenkontrollen durchführen, wo kämen wir dahin? Die Schilderung Birnbaums vom Bankwechsel ins Casino fand der Beamte dann auch ungewöhnlich. Nach kurzer Diskussion forderte der nunmehr dritte Polizist das sich inzwischen als „verarscht“ vorkommende Ehepaar auf, vor der Bank zu warten. Nicht ohne sich vorher eine Personenbeschreibung des Ehepaares durchgeben zu lassen, „damit meine Kollege Sie erkennen können.“
23:36 Uhr: Die beobachtete Person war inzwischen aus dem Spiel-Casino vor die Tür getreten, hatte eine Zigarette geraucht und sich, wie zuvor vor dem Geldinstitut, nach links und rechts umgeschaut, ehe sie wieder im Casino verschwand. Erneuerter Anruf unter 110.
Verärgert schildert Birnbaum die Situation vor Ort. Erneut werden seine Vorhaltungen durch einen vierten(!) Beamten damit beantwortet, man habe jeweils nach den Anrufen die Situation vor Ort geprüft und – nichts bemerkt. Ärgerlich wies Birnbaum darauf hin, dass zwar Streifenwagen kurz vor der Bank-Kreuzung abgebogen und in verschiedenen Richtungen davongefahren seien, vor der Bank hätte aber kein Fahrzeug gehalten. Außerdem sei es eine Zumutung, einen Anrufer zum Verbleib „vor Ort“ aufzufordern, um dann gar nicht vor Ort zu erscheinen. Das hätte man ihm doch gleich beim ersten Anruf vermitteln können. Außerdem hätte man ihn, Birnbaum, ja auch rückrufen können. Er mache das ganze ja nicht aus Jux und Dollerei. Der Beamte ließ sich erneut den Vorgang (inzwischen die Vorgänge) schildern und versprach, die Sache „anzuleiern“. Birnbaum solle mit seiner Frau vor der Bank warten und der Polizei vor Ort ihre Beobachtungen schildern.
24:08 Uhr: Leicht durchfroren macht sich das Ehepaar, zwischenzeitlich von einer aufmerksamen Radfahrerin beim Warten unterstützt, auf den Heimweg. Man hatte beschlossen, als Bürger den Schlaf zu suchen, nachdem die Polizei sich offensichtlich auch dafür entschieden hatte. Der Versuch, die vielfach beklagte Mauer zwischen Ordnungshütern und Bürgern durchbrechen zu können, scheiterte ein weiteres Mal. Ob sich die triumphal verkündeten Neueinstellungen von insgesamt 190 Feuerwehr- und Polizeibeamten auf die wünschenswerte, zumindest zu erwartende Sorgfalt auswirken werden, bleibt abzuwarten.
V.i.S.d.P.: mauerdemonstrant, Tel.: 0176-48061953
Ein Mord, der Extremisten vermutlich jubeln lässt
Berlin, 6.06.2012/cw – Sechs Kinder im Alter von einem bis 13 Jahren mussten zusehen, wie der eigene Vater die erneut schwangere Mutter geradezu viehisch hinrichtete: Nachdem diese ermordet worden war, zerstückelte er die Leiche, warf den abgetrennten Kopf und weitere Teile über die Terrassenabsperrung in den Hof. Entsetzte und fassungslose Nachbarn mussten diesem beispiellosen Geschehen hilflos zusehen, bis die alarmierte Polizei eintraf.
Wer zwei Tage später den Hof betritt, trifft auf einen Platz, auf dem unzählige Teelichter zwischen zahlreichen Blumen platziert stehen. Fotos der ermordeten Frau stehen säuberlich aufgestapelt an der Wand, Zeugnis der am Abend zuvor durchgeführten demonstrativen Mahnwache einer Kurdischen Frauen-Initiative und eines türkischen Vereins aus Neukölln, der sich gegen die Gewalt türkischer Männer an den Frauen richtet. Immer wieder treten Menschen, junge und alte, Frauen, Männer, Kinder an den Blumen-Torso, halten erschüttert inne, legen oder werfen eine Blume, eine Rose in das Blumenfeld, wenden sich mit leerem Blick und Tränen in den Augen ab.
Der erschütterte Besucher blickt zunächst nach oben auf die Absperrung, die die Terrasse begrenzt, von der die Teile einer Mutter in den Abgrund geschleudert wurden. Drei riesige TV-Antennen sind zu sehen, Reste der polizeilichen Absperrung aus rot-weißer Kunststoff-Folie. Unwillkürlich sucht man nach Spuren, die dieses Verbrechen erklären, fassbar machen können. Das Namensschild am schmutzig wirkenden Hauseingang „Mordhorst“ ist zwar zufällig, löst aber unwillkürlich Schauer aus. Die Realität holt jede Phantasie eines Schriftstellers oder Drehbuchautoren ein.
An den Wänden zahlreiche Schriften, hingesprayte Ausbrüche unbewältigter Gefühlsstürme, auch Ausdruck gescheiterter Integration: „I hate (Ich hasse)“. Zerbrochene Fensterscheiben, über denen wie zum Hohn eine Info über die regelmäßig durchgeführte Hausreinigung angeklebt hängt. Ein anderes Fensterloch wurde einfach zugemauert, brutale Lösungen sozialer Konfliktfolgen in einer Stadt, die wahrlich von abschottenden und ausgrenzenden Mauern alle Zeit genug haben dürfte. Es bleibt nach diesem Hofgang der ernüchternde Eindruck, dass auch dieser Mord keinen namhaften Politiker dazu bewegen wird, sich in dieses Reservat einer sich brutal entwickelnden Gegenkultur zu begeben oder gar tatkräftig an Lösungen zu arbeiten. Der nächste Wahlkampf steht erst in über vier Jahren an, da reicht es wohl, in geübter Manier den Medien gegenüber wohlfeile Statements über die „Erschütterung“ und „das sich endlich etwas ändern müsse“ abzugeben.
Es ist ja richtig, die Kinder sind in einer für bürokratische Verhältnisse beispiellos schnellen Reaktion gemeinschaftlich in einem Kinderheim untergekommen. Beruhigt? Wohl eher nicht. Wo bleiben die zahlreichen Institutionen und Stiftungen oder auch kinderlose Elternpaare, die ebenso unbürokratisch eine psychosomatische Betreuung, eine langzeitige „Erholung“ von diesem beispiellosen Trauma ermöglichen oder gar die Patenschaft übernehmen?
Allenthalben beklagen wir das Vorhandensein von Extremismen in unserer Gesellschaft, wobei wir besonders die rassistisch anmutenden und vielfach real vorhandenen Fremdenfeindlichkeiten von Neo-Nationalsozialisten zu Recht anprangern. Aber handelt die Gesellschaft entschlossen genug, diesem Treiben wirksam zu begegnen? Wäre nicht die klare und unmissverständliche soziale Reaktion auf dieses fürchterliche Verbrechen die beste Antwort, die wirksamste Vorsorge gegen diese Formen des politischen Kannibalismus? Der in diesen Fällen übliche Verbalismus, die rhetorische Verurteilung ohne folgerichtige Konsequenz durch die Verantwortlichen bereiten erst den Boden für derartige extremistische Exzesse, zunächst ebenfalls verbal, um dann womöglich blutig umgesetzt zu werden (NSU-Morde).
Man hört es buchstäblich in den Ohren klingeln, braucht nicht selbst Ohrenzeuge zu sein, um den heimlichen Jubel von in diesem Fall rechten Extremisten über derartige „Islamisten- oder Türken-Morde“ zu vernehmen. Sind doch solche fürchterlichen Geschehnisse Wasser auf die Mühlen derer, für die Begriffe wie „Mitmenschlichkeit“, „soziale Kompetenz“ oder gar „humanitäre Gemeinsamkeit zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft“ Fremdworte sind, derartige Verbrechen Beleg für die „Unvereinbarkeit unterschiedlicher Rassen und Kulturen“ sind.
In der Tat hat unsere Gesellschaft einen unverkennbaren Nachholbedarf in Sachen Integration. Wir haben uns in der Vergangenheit darauf beschränkt, alle Kulturen dieser Welt in diese Stadt, in unser Land einzuladen, ohne jemals ernsthaft über Konsequenzen auch nur ansatzweise zu diskutieren oder gar Programme zu entwickeln, die den Namen Integration auch verdienen.. Wir haben geglaubt und glauben bis heute, dass die einhellige Verurteilung extremistischen Gedankengutes als Beleg unserer Gutwilligkeit ausreichend erscheint. Und wir geben jedes Jahr Millionen dafür aus, das Extremisten auf der linken Seite ihre Parolen „gegen Rechts“ ausreichend finanzieren können. So klopfen wir uns seit mittlerweile Jahrzehnten auf die eigene Brust: Seht her, was wir gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus tun (und finanzieren). In diesem Konglomerat von Selbstzufriedenheit und Verdrängung („Lasst es regnen, macht uns aber nicht nass!“) bleibt die Glaubwürdigkeit auf der Strecke, werden die Integrations-Probleme nicht weniger, sondern drängender, werden sich derartige Exzesse, wie der jüngste in Kreuzberg sich häufen, werden Extremisten beglückt ob dieser Vorlagen in die Lücken dieser Glaubwürdigkeit springen und durch „eigene Glaubwürdigkeiten“ ersetzen.
Nein, es reicht nicht aus, indirekt Antisemitismus und Rassismus als Plattform zu pflegen, um die eigene Daseinsberechtigung nachzuweisen. Wir müssen Programme für eine umsetzbare Integration entwickeln, die vor Ort ihre sozial-politische Wirkung entfalten. Das ist freilich kostspieliger, als die Finanzierung leerer Propaganda-Sprüche, aber wesentlich nachhaltiger. Freilich ginge das nur um den Preis, möglicherweise eines Tages (und hoffentlich) ein gewohntes Feindbild zu verlieren, weil dann „Rassismus“ und „Fremdenhass“ zu Fremdwörtern geworden sein werden.
Na und? Diese dann zu Worthülsen verkommenen, heute noch so „Millionen-teuren“ Begriffe wären mir als historische Fußnoten am Liebsten. Bis dahin gibt es allerdings noch viel zu tun. Fangen wir an. Fassbar und konkret mit der praktischen Fürsorge für die traumatisierten Kinder einer fürchterlichen und beispiellosen Tat in Kreuzberg.
V.i.S.d.P.: mauerdemonstrant, Berlin, Tel.: 030-30207785 oder 0176-48061953
Fotos © 2012: LyrAg
Offener Brief: Heiliger Vater
Heiliger Vater,
vor 29 Jahren waren wir, mein ältester Sohn und ich, in der Münchener Frauenkirche, als Eure Heiligkeit von der Isar-Metropole und dem von Euch geliebten Bayern Abschied nahm, um dem Ruf nach Rom zu folgen. Beim Auszug aus der Kirche blieben Sie auch vor meinem Sohn stehen, legten dem damals Zehnjährigen die Hand auf und segneten ihn.
Uns hat diese Begegnung sehr bewegt und meinem Sohn sagte ich damals: Dies ist der nächste Papst. Das war 1982, und bei Ihrem ersten Besuch als Papst in Deutschland stand ich vor dem Dom in Regensburg, um Anteil an Ihrem Besuch zu nehmen.
Nun wohne ich (wieder) in Berlin, und Sie besuchen diese Stadt. Diesmal werde ich nicht am Straßenrand stehen. Warum?
Troy Davis ist tot. Er wurde trotz vieler Proteste hingerichtet. Auch Sie haben protestiert, aber reicht das in unserer Zeit, um Zeichen zu setzen? Wäre es nicht ein Signal gewesen, als Papst in der Stunde des Todes vor dem Gefängnis, vor dem Hinrichtungsort aufzutreten? Wäre diese Botschaft nicht überzeugender gewesen, als tausende noch so gut formulierte Appelle?
Gewiss, auch Eure Heiligkeit kann nicht an jedem Ort dieser Erde, bei jedem menschlichen Drama anwesend sein. Aber er kann und er m u s s Zeichen setzen, damit die Botschaft wieder lebendig, wieder vermittelbar wird.
Vor wenigen Tagen wurde hier mitten in Berlin der dreiundzwanzigjährige Giuseppe M. Opfer einer Hetzjagd durch zwei, drei vermutlich gewaltbereite Menschen. Mitten auf dem Kaiserdamm haben viele hundert Menschen ihrer Trauer und Verzweiflung Ausdruck verliehen, Blumen und Kerzen aufgestellt. Und Bilder, die an das junge, nun ausgelöschte Leben erinnern. Sie werden an diesem Ort nicht vorbeikommen, nicht anhalten, keinen Segen erteilen. Weil Sie vermutlich über diesen sinnlosen Tod gar nicht informiert wurden, die Organisatoren kein Interesse daran haben, Eure Heiligkeit an diesen Ort zu führen. Berlin soll glänzen, da passen die harten Wirklichkeiten nicht in ein strahlendes Besuchsprogramm.
Trotzdem, es wäre ein wichtiges Zeichen gewesen, gegen Gewalt, für die bedingungslose Liebe zu allen Menschen, für die Christus stand, für die auch die Kirche stehen will. Dieses Zeichen bleibt wieder aus, wie bei Troy Davis. Darum werde ich diesmal nicht an Ihrer Wegstrecke stehen, sondern am Blumen- und Lichter-Mahnmal für einen jungen, so sinnlos ums Leben gestorbenen Menschen. Mitten auf dem Kaiserdamm in Berlin-Charlottenburg.
Mit sehr traurigen Grüßen
Ein Protestant
P.S.: Dier Beisetzung von Guiseppe Marcone findet am 7.10.2011 um 9:30 Uhr
auf dem Waldfriedhof Dahlem (Hüttenweg / Näher Clayallee) statt.