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Offener Brief: Heiliger Vater
Heiliger Vater,
vor 29 Jahren waren wir, mein ältester Sohn und ich, in der Münchener Frauenkirche, als Eure Heiligkeit von der Isar-Metropole und dem von Euch geliebten Bayern Abschied nahm, um dem Ruf nach Rom zu folgen. Beim Auszug aus der Kirche blieben Sie auch vor meinem Sohn stehen, legten dem damals Zehnjährigen die Hand auf und segneten ihn.
Uns hat diese Begegnung sehr bewegt und meinem Sohn sagte ich damals: Dies ist der nächste Papst. Das war 1982, und bei Ihrem ersten Besuch als Papst in Deutschland stand ich vor dem Dom in Regensburg, um Anteil an Ihrem Besuch zu nehmen.
Nun wohne ich (wieder) in Berlin, und Sie besuchen diese Stadt. Diesmal werde ich nicht am Straßenrand stehen. Warum?
Troy Davis ist tot. Er wurde trotz vieler Proteste hingerichtet. Auch Sie haben protestiert, aber reicht das in unserer Zeit, um Zeichen zu setzen? Wäre es nicht ein Signal gewesen, als Papst in der Stunde des Todes vor dem Gefängnis, vor dem Hinrichtungsort aufzutreten? Wäre diese Botschaft nicht überzeugender gewesen, als tausende noch so gut formulierte Appelle?
Gewiss, auch Eure Heiligkeit kann nicht an jedem Ort dieser Erde, bei jedem menschlichen Drama anwesend sein. Aber er kann und er m u s s Zeichen setzen, damit die Botschaft wieder lebendig, wieder vermittelbar wird.
Vor wenigen Tagen wurde hier mitten in Berlin der dreiundzwanzigjährige Giuseppe M. Opfer einer Hetzjagd durch zwei, drei vermutlich gewaltbereite Menschen. Mitten auf dem Kaiserdamm haben viele hundert Menschen ihrer Trauer und Verzweiflung Ausdruck verliehen, Blumen und Kerzen aufgestellt. Und Bilder, die an das junge, nun ausgelöschte Leben erinnern. Sie werden an diesem Ort nicht vorbeikommen, nicht anhalten, keinen Segen erteilen. Weil Sie vermutlich über diesen sinnlosen Tod gar nicht informiert wurden, die Organisatoren kein Interesse daran haben, Eure Heiligkeit an diesen Ort zu führen. Berlin soll glänzen, da passen die harten Wirklichkeiten nicht in ein strahlendes Besuchsprogramm.
Trotzdem, es wäre ein wichtiges Zeichen gewesen, gegen Gewalt, für die bedingungslose Liebe zu allen Menschen, für die Christus stand, für die auch die Kirche stehen will. Dieses Zeichen bleibt wieder aus, wie bei Troy Davis. Darum werde ich diesmal nicht an Ihrer Wegstrecke stehen, sondern am Blumen- und Lichter-Mahnmal für einen jungen, so sinnlos ums Leben gestorbenen Menschen. Mitten auf dem Kaiserdamm in Berlin-Charlottenburg.
Mit sehr traurigen Grüßen
Ein Protestant
P.S.: Dier Beisetzung von Guiseppe Marcone findet am 7.10.2011 um 9:30 Uhr
auf dem Waldfriedhof Dahlem (Hüttenweg / Näher Clayallee) statt.
Reformer braucht das Land
Gedanken zur Wahl in Meck-Pomm
Berlin/Schwerin, 04.09.2011 – Im Grunde nichts Neues: Die Ministerpräsidentenpartei legt zu, die SPD-Nachahmer-Partei UNION verzeichnet Verluste, DIE LINKE konnte sich von den Stalinisten in den eigenen Reihen absetzen und ihr Ergebnis behaupten. Die GRÜNEN bekommen endlich die Belohnung für die brave Anpassung an den Chor der etablierten Parteien und haben die letzte Landesbastion erobert, die FDP schlingert allmählich in die Bedeutungslosigkeit und die rechte NPD, alles andere als liberal, leckt ihre durch die einheitliche Ablehnung der anderen Parteien zugefügten Wunden und freut sich über die Verteidigung ihrer Landtags-Präsenz.
Die Kommentare der Parteien sind austauschbar, könnten ohne viel Aufwand auch in vierzehn Tagen in Berlin verwandt werden, das erspart Personal und liesse sich vielfach über Konserven einspielen. Also alles wie gehabt?
Langweilige Politiker-Runden durch Talks der Wähler ersetzen
Mauerdemonstrant meint, dieses Land braucht dringend Reformen. Die Medien könnten damit beginnen und – vielleicht schon in Berlin – statt der langweiligen Partei- und Funktionärsrunden Talk-Runden mit Wählern senden. Denn die Wähler ermöglichen den Parteien erst ihre Pfründe, Positionen und letztlich ihr Dasein. Und die Wähler sind es wieder einmal, die Warnsignale an die Politik senden: Nur 52%, also gerade einmal die Hälfte der Wahlberechtigten, beteiligte sich am Urnengang in einem Land, für das „Wahl“ noch vor 22 Jahren ein Fremdwort war. Die Verdrossenheit der Bürger nimmt also zu. Und da es derzeit kein anderes Mittel gibt, den Protest auszudrücken, flüchten immer mehr Menschen in die Wahlenthaltung. Die Politik, damit sind natürlich die Parteien gemeint, ignoriert bislang diesen Protest und sie wird es weiter tun. Warum?
Weil die Parteien reformresistent geworden sind. Wahlenthaltungen schmälern die gewohnte Sitz- und Postenverteilung nicht, verschaffen im Gegenteil zumindest kleineren Parteien überproportionale prozentuale Anteile – siehe (diesmal) NPD. Ließe sich das ändern?
Sitzverteilung im Parlament an Wahlbeteiligung orientieren
Mauerdemonstrant meint JA. Er sehnt sich nach einer Partei, die nicht nur Reformen verspricht, sondern diese auch ernsthaft da durchsetzt, wo diese greifen. Um ein Beispiel zu nennen: Grundsätzlich sollten nur soviel Sitze in einem Parlament vergeben oder zugeteilt werden, wie dies dem tatsächlichen Wahlverhalten entspricht. Wenn sich also nur 52% der Wähler an einer Wahl beteiligen, dürfen auch nur 52% der vorgesehenen Sitze an die Parteien vergeben werden. Das würde dem Steuerzahler einmal viel Geld ersparen und die Parteien zum anderen zwingen, sich andere Wege und neue Programme einfallen zu lassen, um die Wähler wieder nachhaltig vom in einer Demokratie notwendigen Urnengang zu überzeugen.
Aber Gemach: Am Beispiel der GRÜNEN wie auch der LINKEn (oder anderer) lässt sich klar die Einbindung in das etablierte Parteiensystem verfolgen. Als Reform-Parteien angetreten (dieser Nimbus wird ja auf den Wahlplakaten fleißig gepflegt), haben sie sich längst in die Vorteile sogenannter staatstragender Parteien eingelullt. Um nicht diese endlich errungenen Privilegien, wie staatlich finanzierte Parteistiftungen und und und aufs Spiel zu setzen, singt man im Chor der Etablierten mit.
An die Töpfe wollen sie alle
Vielleicht haben die PIRATEN ja noch etwas im Köcher und kratzen an der Selbstherrlichkeit dieser Parteien, indem sie nicht nur Reformen fordern, sondern diesen treu bleiben, um sie eines Tages durchzusetzen. Aber das sind Träume eines überzeugten Demokraten, der mehr als einmal erleben mußte, wie neu gegründete Parteien alles Mögliche auf ihr Panier schrieben, nur nicht die Einschränkung möglicher Privilegien. Denn an die Töpfe wollen sie alle. Und das ungeschmälert von romantischen Reformvorstellungen.
Verbote sind Vorboten der Demokratie-Bestattung
Berlin, 26.08.2011 – Zugegeben, auch ich gehörte einmal zu denen, die Verbote für ein adäquates Mittel hielten. 1990 schrieb ich an den damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble und forderte ein Verbot der PDS. Dabei erinnerte ich an das NS-Verbot der Alliierten nach dem Ende des zweiten Weltkrieges. Schäuble lehnte seinerzeit mit der Begründung ab, das Problem werde sich von allein erledigen.
Die Begründung war obskur, die Nachfolger der SED feiern nach ihren Häutungen als DIE LINKE etablierte Erfolge. Aber war die Entscheidung des heutigen Finanzministers deswegen falsch?
Nach dem CSU-Generalsekretär fordert nun auch Sachsens JU-Vorsitzender Alexander Dierks (23) in wohl nachfolgendem Gehorsam das Verbot der linken Partei (http://www.bild.de/regional/leipzig/parteiverbot/ju-chef-will-linke-verbieten-19593506.bild.html). Der einzige wohl ehrenwerte Unterschied zu sonstigen Politikern (fast aller Coleur): Generalsekretär Alexander Dobrindt fordert auch ein Verbot der (rechtsradikalen) NPD. Aber sind Verbote zulässige Mittel der Demokratie?
Zwanzig Jahre nach meiner Verbotsanregung meine ich NEIN. Verbote sind Vorboten der Demokratie-Bestattung. Warum?
Eine Demokratie muss auch Extreme aushalten können (Günter Schabowski), von beiden Seiten, solange diese sich im politischen, also im dafür vorgesehenen Raum aufhalten und bewegen. Die bestehenden Gesetze reichen aus, um kriminelle Exesse mit dem Strafgesetzbuch zu bekämpfen. Verbote politischer Gegner erwecken nicht nur den Verdacht, unliebsame Kritiker scheinbar legal aus dem Wege räumen zu wollen, sie öffnen auch breit das Tor für jene Extremisten, die schon jetzt verkünden, ihre politischen Gegner einst erneut zu verbieten, wohlmöglich in Zuchthäusern oder neuen KZs verschwinden zu lassen. Ausgerechnet die Gegner der Demokratie könnten sich dann einst auf das Verbots-Erbe der Demokratie berufen.
So hässlich und abartig die nostalgische Verblumung der DDR und ihrer Mord-Mauer klingt, so widerwärtig die nostalgische Verklärung der NS-Zeit durch Knobelbecher-Halbstarke ist, wir müssen diesen historisch widerlegten Aberwitz mit den guten und vorhandenen Argumenten einer freien Gesellschaft begegnen. Wir müssen uns die freilich anstrengende Mühe machen, die Demokratie offensiv, jeden Tag zu verteidigen. Wir müssen das dauerhafte Gespräch mit den gedankliche Verquerern in den extremistischen Lagern suchen, ihnen die Kraft der Demokratie durch Taten vermitteln: Wir teilen nicht Eure Meinung, aber wir werden immer dafür eintreten, dass ihr eure Meinung vertreten dürft.
Damit stärken wir auch den Querdenkern, die es sowohl bei den SED-Nachfolgern als auch in den Reihen der NPD gibt, den Rücken. Das wäre, das ist gelebte Demokratie. Alles andere wäre von Übel.
Herr Dobrindt, Herr Dierks, verabschieden Sie sich möglichst schnell von diesen populistischen Verbots-Anträgen. Suchen Sie das Gespräch, die demokratische Auseinandersetzung. Bewahren und verteidigen Sie die Werte unserer Demokratie. Verbote sind verfassungsfeindlich, sind die Vorboten, die direkt zum Grab für unsere Verfassung führen.
Meint zumindest mauerdemonstrant.
Bis dass der Tod Euch scheidet… oder: Wie Mauern entstehen
Berlin, 10.08.2011 – Fast auf den Tag, 20 Jahre nach der feierlichen Trauung in der Puchheimer Kirche am 27. September 1991 wurde der Berufung im Scheidungsverfahren statt gegeben, das Urteil der ersten Instanz vom 13.Januar 2010 (Familiengericht München) in Sachen Versorgungsausgleich aufgehoben.
1975 hatten wir uns kennen- und lieben gelernt. 1976 fügten wir uns in unser Schicksal, ich war verheiratet, hatte drei Kinder. Erst nachdem ich mich getrennt hatte, 1986, fragte sie sich 1988 durch – und die Liebe blühte wieder auf.
Wenn zwei Menschen auseinandergehen hat das immer etwas auch mit Scheitern zu tun. Träume zerrinnen, ehedem gute Vorsätze blieben irgendwann einmal auf der Strecke. Und der Wille, einander treu zu bleiben – in guten wie in schlechten Tagen – scheiterte an der harten Realität des Alltags.
Trotzdem wird eine Trennung viel zu oft zu einer wirklichen Tragödie, wird Liebe oftmals in Hass verwandelt: Auf die Welt, auf den einst geliebten Menschen, auf sich selbst…
Heute, sechs Jahre nach der Trennung, ist das bei mir alles überwunden. Ich will die oft mutwillig erscheinenden zugefügten Schmerzen vergessen. Nicht vergessen will ich und werde ich viele Jahre traumhafter Erinnerungen. Sie werden bleiben.
Und nicht vergessen werde ich, dass nur durch den tief empfundenen Schmerz der Trennung erst die Begegnung mit einem wundervollen Menschen möglich wurde, den ich sonst niemals bemerkt hätte. Das wäre ein noch schwererer Verlust gewesen. So aber habe ich gelernt, erinnernd zurück aber glücklich und dankbar nach vorn zu schauen, in ein gemeinsames und glückliches Happyend unseres Lebens.
An dieser Stelle lieben Dank an Freunde und Verwandte, die uns über diese schwere Zeit geholfen haben, die nicht an uns verzweifelt sind. Und einen unendlichen Dank an meine tiefe Liebe.
Allen Scheidungs-Opfern wünsche ich die Erfahrung gleichen Glücks und die Überwindung selbstzerstörerischer Trauer, die so oft in hasserfüllten Gedanken endet, Mauern nicht einreißt, sondern Mauern aufrichtet. Wir wissen heute um die Möglichkeiten, auch für unüberwindlich gehaltene Mauern zum Einsturz bringen zu können.
Die „Schweine“ sind unter uns: Bahro, Hess und Mahler
Berlin, 24.07.2011 – Ein Franz Josef W., Kolumnist einer, wenn nicht d e r Boulevard-Zeitung, setzt seine Leser gewohnt ins Bild: Er bezeichnet Rudolf Heß als „dieses Schwein“ und spricht ihm eine würdige Totenruhe ab. Hintergrund: Vor wenigen Tagen wurde das Grab des ehemaligen Partei-Stellvertreters von Adolf Hitler „aufgelöst“, die sterblichen Überreste also ausgegraben und entfernt.
Nun mag ja vielfach berechtigte Erleichterung darüber ausbrechen, dass sich der alljährliche braune Spuk im oberfränkischen Wunsiedel erübrigt. Kein Grab, keine Heroisierung, keine widerlichen Demos. Das ist die politische Wertung. Ein Christ mag über die Zustimmung der örtlichen christlichen Gemeinde seine eigenen Gedanken haben.
Berechtigt diese Erleichterung aber dazu, einen Verstorbenen als „Schwein“ zu titulieren? Bedient sich hier nicht der Kolumnist einer Sprache, die er gerade den Nazis und Neo-Nazis zu Recht ankreidet? War zum Beispiel Rudolf Bahro, der politische Häftling der zweiten Diktatur, nun also ein Schwein, weil ihn das MfS oder die SED so sah? Ist Horst Mahler ein Schwein, weil er wegen seiner schlimmen, politisch nicht zu verzeihenden Äußerungen zu 12 Jahren (politischer) Haft verurteilt wurde? War oder ist (der tote) Rudolf Hess ein Schwein, weil seine Haft in erster Linie eine politische Haft war? Weil er sich 1941 nach England absetzte, um (vermeintlich) den Frieden (für wen?) retten zu können? Weil er gar vom Nürnberger Gerichtshof vom Vorwurf „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ freigesprochen wurde? Oder „nur“, weil er Stellvertreter in einer mörderischen Partei war?
Ich meine, ein Mensch, gleich welcher Coleur der Haut, der Herkunft oder der politischen Überzeugung, darf nicht als Schwein tituliert werden. Allein die Existenz unterschiedlicher Auffassungen über Normen und Werte verbietet diese Sprache, will man sich nicht mit Nazis, Kommunisten oder vergleichbaren extremistischen Gruppierungen auf eine Stufe stellen. Denn diese Gruppierungen erheben ihr eigenes Totschlag-Weltbild zur einzig gültigen, die Menschheit beglückenden Maxime. Wo das hingeführt hat, wissen wir und leugnet Horst Mahler & Co.: Von der Bezeichnung des Juden als „Schwein“ bis zur Vernichtung in Auschwitz führte ein direkter, mörderischer Weg. Von den menschenverachtenden Titulierungen Stalins für die Feinde des Kommunismus führte der direkte Weg in die Erschießungskammer der Lubjanka oder in die Hölle von Sibirien. Von der Kritik am Arbeiter- und Bauernstaat führte der Weg über die diffamierende menschliche Diskriminierung direkt in die Höllen von Bautzen, Cottbus und Hoheneck.
War der ehemalige Staatsminister des Freistaates Bayern, Alfred Seidl (CSU), auch ein Schwein, weil er einst Rudolf Hess in Nürnberg (und danach) verteidigt hat? Ist Otto Schily, eins Bundesinnenminister, auch ein Schwein, weil er zuvor Horst Mahler zwar als RAF-Terroristen, nicht aber als Leugner des Holocaust verteidigt hat? Gehört in diesem Sinn auch Hans-Christian Ströbele statt in den Bundestag in den Schweinestall wie der ehemalige Bundeskanzler Gerd Schröder, der Horst Mahler verteidigte und förderte, als dieser sich noch politisch links verortete?
Wo fängt das „Schwein“ an? Wo hört das „Schwein“ auf? Auch der Kolumnist einer Boulevardzeitung sollte sich einer redlichen Sprache bedienen und nicht aus dem Bauch heraus agieren und damit für jene Werbung machen, die er vorgeblich bekämpfen will. An der Sprache sollt (könnt) ihr sie erkennen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Franz Josef W. sollte trotz aller gegebenen Zwänge (die oft nur behauptet aber keine sind) wenn schon nicht Vorbild, dann wenigstens stilbildend sein. Dann würde man auch bei dem Gedanken keine Bauchschmerzen haben, dass viele Millionen Menschen (nicht Schweine!) seine „schweinische“ Kolumne gelesen haben.
Keine lässigen Kotskis
Berlin, 2.Juli 2011 – Seit Jahren werden die Opferverbände der SED-Diktatur mit Querelen, absurden Vorwürfen und Attacken beschäftigt, die manch ein ehemaliger Verfolgter als Fortsetzung von perfiden Zersetzungsmaßnahmen der einstigen Stasi empfindet. Über diese und jene Auseinandersetzung könnten die Mitglieder der über 40 Verbände und Aufarbeitungsinitiativen sicher lässig zur Tagesordnung übergehen, wären da nicht die großen und kleinen Kotzkis und weisen Strategen, die keineswegs lässig, sondern sorgfältig als „Kritik“ getarnte Zersetzungsmaßnahmen gegen unliebsame SED-Opfer durchführen.
Nachdem der Dachverband UOKG nach nahezu eiskalter Opferung seines verdienten langjährigen Vorsitzenden Horst Schüler wieder Ruhe in seine Reihen bringen konnte und dafür den Austritt einiger altgedienter und angesehener Verbände inkauf nehmen musste, verlagerten die Provokateure ihre Aktionen auf einzelne Verbände.
Nach dem Dachverband wurde die VOS ins Visier genommen
War die VOS als größter Verband der Kommunismus-Opfer-Veteranen infolge fragwürdiger Intrigen gegen den seinerzeitigen Vorsitzenden aus der UOKG ausgetreten, entkam der Verein dennoch den zwischenzeitlich auf neue Taktiken eingestellten Akteuren nicht. Seit dem Herbst 2009 erschüttern den Verband interne Auseinandersetzungen, die von den Mitgliedern allzu lässig als vorübergehende Erscheinungen eingestuft wurden. Seither häuft sich die interne Kritik an den diversen Manipulationen im Verband, die augenscheinlich auf eine gezielte Unterwanderung (von links) zurückzuführen sind. Ein egozentrisch orientiertes Duo hat offenbar die Regentschaft übernommen und kickt jede Kritik als „aus der rechten Ecke“ kommend oder als „unzulässig, rechtswidrig“ aus dem Feld. Daraus resultierende rechtliche Auseinandersetzungen um Hausverbote und Vereinsausschlüsse hakt man dabei lässig ab; im Zweifel stehen in bereits gewohnter Weise die Mitgliedsgelder zum Ausgleich von Rechtsanwalts- und Gerichtskosten zur Verfügung. Mit einer derartigen „Rechtschutzversicherung“ ausgestattet , deren Kasse durch permanente Spendenaufrufe im Verbandsorgan, der sinnvoll so benannten Freiheitsglocke, aufgefüllt wird, haben kritische und sich der Verfolgung aussetzende Mitglieder absolut schlechte Karten, denn sie müssen das Prozess-Risiko im Fall des Falles aus eigener Tasche bezahlen.
Fragwürdiger Druck durch einen Abgeordneten
Lässig bezieht zumindest ein VOS-Funktionär vorhandene Partei-Beziehungen im Kampf gegen diese Kritiker ein, auch wenn diese Aktionen politisch und rechtlich äußerst bedenklich erscheinen. So wurde ein Mitglied des Abgeordnetenhauses animiert, gleich zweimal in nur vierzehntägigem Abstand in schriftlicher Form an den Bundesvorstand heranzutreten und kategorisch den Ausschluss eines kritischen Mitgliedes zu verlangen. Die Drohung des (allen Bürgern verpflichteten) Abgeordneten hatte es in sich: Der Haushaltsauschuss des Abgeordnetenhauses könnte Haushaltsmittel sperren, wenn der Verband der Forderung nicht entsprechen sollte. Der VOS-Funktionär fühlte sich indessen in seinem verbandsinternen Vorgehen so sicher, dass er sich neun Monate später lässig brüstete, e r habe den Ausschluss betrieben und der Abgeordnete habe mit „politischem Druck“ geholfen.
Während also über Satzungsverstöße (die Wahl eines VOS-Bundesvize wurde vom Registergericht annulliert), Satzungsänderungen (Vorstände dürfen jetzt entgeltlich für den Verein arbeiten) und über offenbar mit dem Landesbeauftragten für Stasi-Unterlagen abgesprochene Ausschreibungen zwei Vorstandsmitglieder (die der selben Partei angehören oder nahestehen) mit bezahlten Posten versehen, das Einkommen der neuen Funktionärsriege also abgesichert wurde, kümmerte sich ein Wolfgang Kotski* um flankierende Maßnahmen.
Kotskis Kampf in den Verbänden
Wolfgang Kotski kann einiges ertragen, weil er sich via Internet gut zu wehren weiß. Nur wenn ihm eine unbotmäßige Mitgliederversammlung die Gefolgschaft verweigert, versteht er keinen Spaß mehr. Auch als ihm (zuvor) eine (bezahlte) Beraterfunktion verweigert wurde, weil seinerzeit die Satzung derartiges noch nicht vorsah, konnte Kotzki nicht mehr lachen. Als schließlich eine pralle Kostenrechnung aus einem Gerichtsverfahren an ihn versandt wurde, leitete er diese Rechnung an den Verein um (man kann ja nie wissen) und beendete seine Mitgliedschaft.

Widerspruch aus dem Landratsamt: Die lässig verbreitete Lüge einer REP-Mitgliedschaft "bis 1993" ist falsch (Ausschnitt)
Damit waren keineswegs seine Aktivitäten erschöpft, im Gegenteil. Den nun gewonnenen Freiraum nutze er aus, um in diversen anderen Vereinen der SED-Opfer-Gemeinde kräftig für Unruhe zu sorgen und ziemlich ungeniert nach (neuen) Vorstandsposten zu greifen. Dabei stört ihn auch nicht das Chaos um eine kürzlich abgehaltene und von Kotski „gemanagten“ Vorstandswahl in einem geschichtsträchtigen Verein. Hauptsache, das Feld wird in seinem Sinn bestellt.
Auch die nachfolgende Mitgliederversammlung eines anderen Vereins wurde (diesmal verdeckt, also eher in der Funktion eines Strippenziehers) so tüchtig durcheinandergewirbelt, dass Beschlüsse unmöglich wurden. Klar erkennbares Ziel: Zwei unliebsame, weil gegenüber Kotski kritische Mitglieder, sollten auf sein Betreiben desavouiert und letztlich aus dem Verein entfernt werden.
Bereits geraume Zeit vorher hatte Kotski im Brandenburger Land einen als Putsch-Versuch empfundenen Vorstoß in einem angesehenen Verein gewagt, der aber in diesem Verein am energischen Widerstand empörter Mitglieder scheiterte. Ausgerechnet im Schatten einstiger KZ-Mauern, zwischen denen einst Opfer des Nationalsozialismus und – nach dem Krieg – Opfer des realen Sozialismus leiden und sterben mussten, wollte Kotski mit intriganten Methoden den amtierenden Vorstand stürzen und sich selbst an die Spitze setzen. Da auch Kotski ungern umsonst arbeitet (ein Anwesen in Brandenburg, eine Wohnung in Berlin, ein Auto und ein Motorrad müssen schließlich finanziert werden) wäre der Verein vermutlich durch eine geeignete Satzungsänderung in die Lage versetzt worden, auch Vorstandsmitglieder entgeltlich arbeiten zu lassen.
Der gemeinsame Kampf um Pfründe verbindet
Nun könnte man meinen, mit dem zuvor erwähnten Austritt Kotskis aus einem großen Verein wäre das Tischtuch zwischen diesem Verein und seinem ehemaligem Vorstandsmitglied unwiderruflich zerschnitten. Zumindest erging es so früheren Vorstandsmitgliedern. Kotski hingegen setzte offenbar auf Arbeitsteilung gegen den nach wie vor „gemeinsamen Feind“. Absprachen? Was nicht bewiesen wird, kann auch nicht behauptet werden. Aber Indizien sprechen ihre eigene Sprache. So wandte sich Kotski im letzten Jahr an einen Bundesminister (und an einen führenden Berliner Landes-Politiker), um den „gemeinsamen Feind“ durch entsprechende Verleumdungen zur Strecke zu bringen (was nicht im Sinne der Akteure gelang). Rein „zufällig“ tauchte der Schriftverkehr des Nicht(mehr)Mitgliedes in einem Ausschlussverfahren der VOS gegen den gemeinsamen Feind, einem in Ungnade gefallenen Mitglied, auf.
Nun darf gerätselt werden, welche gemeinsamen Interessen ein Nicht-Mitglied mit dem Vorstand eines Vereines gegen ein Noch-Mitglied verbinden. Die Deutung könnte einfach sein: Das Noch-Mitglied war während seiner Zeit als Angehöriger des Bundesvorstandes u.a. auf einen Vertrag zwischen Verein und einem Vorstandsmitglied gestoßen, den er für bedenklich hielt. Nach einer eingeholten Begutachtung durch den Vereins-Anwalt stand das Urteil fest: Rechtswidrig. Da der seinerzeitige Bundesvorstand sich weigerte, Konsequenzen zu ziehen und einen (vorgeschlagenen) neuen Vertrag zu gestalten, zog das Vorstandsmitglied nach einer weiteren Panne (durch eine lässig recherchierte Presseerklärung wurde die damalige Birthler-Behörde zu Unrecht diffamiert) die Konsequenzen und trat zurück. Seither bemüht sich der Bundesvorstand um die Abwehr vorgetragener Kritik, die längst nicht mehr ausschließlich von dem diffamierten Mitglied formuliert wird.
Da auch Kotski seine verdienstvolle Vereinsarbeit durch derartige Kritiker gefährdet sieht, hat sich vermutlich eine einst aus unterschiedlichsten Gründen motivierte Gesinnungsgemeinschaft gefunden, um durch gemeinsame Anstrengungen die bereits erlangten und noch zu erlangenden Pfründe zu sichern. Dabei drängt die Zeit, weil immer mehr Mitglieder aus ihrem Vertrauen in die integere Arbeit des Vorstandes erwachen und entsprechende Maßnahmen fordern. Gelingt es, die Kritiker vorher (und vielleicht wieder mit aktiver Hilfe von Abgeordneten und parteinahen Funktionären) mundtot zu machen, haben die mutmaßlichen Hasardeure gewonnen.
Ausweitung der Angriffe auf Landesbeauftragte und UOKG-Vorsitzenden
In die Auseinandersetzungen um die Gedenkstätte „Andreasstraße“ in Erfurt, die bislang von dem Verein und UOKG-Mitglied „Freiheit e.V.“ betreut wird, mischte sich jetzt der Bundesvorstand gar nicht mehr lässig ein und unterstützte über die Kameraden vor Ort hinweg die Vorstellungen des zuständigen Ministers. Nachdem die Landesbeauftragte für Stasi-Unterlagen, Hildegund Neubert, diese Einmischung „von außen“ kritisierte, ging ein Parteifreund des Ministers und Bundesvorstandsmitglied öffentlich vor und reichte eine geharnischte Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Neubert ein, die viel Staub in den Medien aufwirbelte. Nachdem die UOKG sich vor ihr Mitglied, den Verein „Freiheit“ stellte, wurde auch der Vorsitzende der UOKG Rainer Wagner Ziel der Attacken einiger möglicherweise aus dem Ruder laufender, sich offenbar sehr sicher fühlenden VOS-Vorstandsmitglieder. Rainer Wagner ist übrigens auch Mitglied der VOS und Träger der silbernen Vereinsnadel.
Die einstigen Kommunismus-Opfer werden mit jedem Tag älter. Und die Bereitschaft zu kräftezehrenden Auseinandersetzungen, ohnehin nach eigenem schweren Schicksal nicht mehr allzu ausgeprägt, wird mit jedem Tag geringer.
Da sind keine lässigen Kotskis am Werk, meint Mauerdemonstrant. Dass es sich bei deren Vorgehensweisen um ein gezieltes und programmiertes Agieren handelt, schwant inzwischen immer mehr Betroffenen. Allerdings können Kotski & Co. lässig die Entwicklung steuern: Die Zeit arbeitet wohl für die Etablierung funktioneller, auf das eigene Wohl ausgerichteter Nachfolger einstiger idealistisch geprägter Opfer der Diktatur.
* Name redaktionell geändert
„Es existieren keine verbindlichen Richtlinien“ – Interview mit einer Schlachthaus-Praktikantin
26.06.2011 – Christina (Name geändert) musste im Rahmen ihres Studiums ein dreiwöchiges Praktikum in einem deutschen Schlachthaus absolvieren. Was sie dabei erleben musste, hat sie uns in einem Interview berichtet.
Christina, du hast ein Praktikum in einem Schlachthof absolviert. Kannst du kurz schildern wie du dazu gekommen bist?
Ich studiere Tiermedizin, und in Deutschland ist es Pflicht, dass jeder, der Tiermedizin studiert, mindestens 100 Stunden auf dem Schlachthof verbringt. Es muss nicht in Deutschland sein, aber innerhalb der EU, und man kommt nicht darum herum.
Was waren deine Aufgaben und welche Stationen hast du durchlaufen? Was ist dir besonders in Erinnerung geblieben?
Ich habe alle Stationen durchlaufen und den kompletten Schlachthof gesehen: die Ankunft der Tiere, wie sie abgeladen werden, wie die Tiere betäubt und getötet werden, vom Ausbluten übers Zerlegen, wie sie hinterher ins Kühlhaus wandern und abgepackt werden. Ich habe auch gesehen, was mit den Sachen passiert, die nicht für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, zum Beispiel die Rinder- und Schweinelungen, die dann zu Hundefutter verarbeitet werden.
Wie wird entschieden, was für den menschlichen Verzehr geeignet ist und was nicht?
Grundsätzlich haben die Arbeiter sehr wenig Zeit, sich einen Überblick zu verschaffen, ob ein Organ noch OK ist. Es sind etwa 20 Sekunden, in denen sie entscheiden müssen, was für den menschlichen Verzehr ungeeignet ist. Ob zum Beispiel Blut in der Lunge ist, weil die Tiere nochmal einen tiefen Atemzug gemacht haben, während sie ausbluteten, oder ob sie eine Lungenentzündung oder eine Herzbeutelentzündung haben. Diese Sachen werden abgeschnitten und landen in der Tonne, die noch zu Tierfutter weiterverarbeitet wird. Ich habe kaum Organe gesehen, die nicht krankhaft verändert waren.
Du hast auch am Band direkt an den Tierkörpern gearbeitet. Welchen Eindruck hattest du vom gesundheitlichen Zustand der Tiere, die dort verarbeitet wurden?
Dafür, dass die meisten Tiere, besonders die Schweine, nicht viel älter als 10 Monate waren, waren die Tiere in sehr schlechter gesundheitlicher Verfassung. Bei vielen waren die Lungen durch Entzündungen verändert, teilweise richtig verfärbt. Viele Lungen waren mit Blut gefüllt, fast alle Lungen hatten Abszesse. Fast alle Lebern hatten Parasiten und wurden weggeschmissen. Häufig waren auch Veränderungen am Herz zu sehen, insgesamt musste sehr viel aussortiert werden. Die Tierkörper wiesen auffällig viele Verletzungen auf, Abszesse, dicke Gelenke, Finnen, Bisswunden und Verletzungen von Schlägen.
Was sind Finnen und was passiert mit dem infizierten Fleisch?
Finnen sind Parasiten, die sich hauptsächlich bei Rindern finden, und die sich an Muskeln anlagern und verkapseln. Der Mensch kann sich durch den Konsum von infiziertem Fleisch anstecken. Die Erkrankung ist sehr gefährlich für den Menschen, weil die Parasiten im Körper umherwandern und sich an Organen anlagern können. Wenn Finnen bei Rindern gefunden wurden, blieb dem jeweiligen Tierarzt die Entscheidung allein überlassen, ob er das Fleisch trotzdem für den menschlichen Verzehr freigibt. Es existieren keine verbindlichen Richtlinien, ab wann sozusagen zu viele Finnen im Fleisch vorhanden sind. Infiziertes Fleisch wird »brauchbar« gemacht, indem es für eine bestimmte Zeit tiefgefroren wird. Danach wird es ganz normal verkauft.
Wann wurde ein Tier aussortiert? Was passierte mit ihm?
Nur sehr wenige Tiere wurden tatsächlich aussortiert. Dazu zählten Tiere, die sich gar nicht mehr bewegen konnten. Ein Schwein, das ich gesehen habe, hatte Fieber, und wurde von der Amtstierärztin aussortiert. Was bedeutet, dass es mitten im Stall erschossen wurde, und dort auch noch mehrere Stunden liegen blieb, während die anderen Tiere daran vorbei laufen mussten. Bei den Rindern habe ich überhaupt nicht erlebt, dass ein Tier aussortiert wurde.
Welche Aufgaben hatten die Amtstierärzte?
Eigentlich haben die Amtstierärzte die Aufgabe, alles zu überwachen. Gerade wenn die Tiere ankommen, sollten die Tiere noch einmal untersucht werden. In der Realität sah es allerdings so aus, dass nur ein grober Blick auf die Tiere geworfen wurde, um zu sehen, ob die Tiere noch laufen können. Selbst wenn Tiere lahmten, wurde nichts dazu gesagt oder aufgeschrieben. Nur in den schwerwiegendsten Fällen wurde etwas notiert. Die Kontrolle durch die Amtstierärzte war für mein Empfinden sehr lasch, beispielsweise habe ich die leitenden Ärztin nie hinten im Stall gesehen. Die Amtstierärztin füllte ihre Tabelle oft aus, und befand die Tiere somit für gesund und schlachttauglich, noch bevor sie sie überhaupt gesehen hatte. Nach dem Ausfüllen sah sie beim Ausladen zu. Meistens jedenfalls. Manchmal redete sie auch mit Kollegen und schaute gar nicht hin.
Wie gingen die Arbeiter mit den Tieren um? Hast du Verstöße gegen Tierschutzauflagen beobachtet?
Ich habe gesehen wie Tiere, die nicht mehr alleine den Transporter verlassen konnten, in den Betrieb getragen wurden, was nicht erlaubt ist. Ich habe gesehen, wie Schweine mit Schlägen und Tritten hineingetrieben wurden, dass Tiere, die nicht mehr aufstehen konnten geschlagen wurden, sogar ins Gesicht, während die Amtstierärztin daneben stand und nichts dagegen getan hat. Als ich diese Verstöße angesprochen habe, wurde das abgetan und das Thema gewechselt. Bei den Schweinen ging es sehr brutal zu. Die Tiere wurden mit Hartplastikstöcken getrieben, auf den Hintern und ins Gesicht geschlagen, sogar auf die empfindliche Nase. Teilweise wurden sie auch getreten. Das Problem ist, dass die Tiere in großen Gruppen von 20 bis 30 Tieren abgeladen werden, und dass auf die hinteren eingeprügelt wird, weil es vorne nicht weiter geht. Allerdings können die Tiere in diesem Gedränge nicht schneller laufen. Bei den Rindern habe ich beobachtet, dass elektrische Treibhilfen verwendet wurden. Diese wurden auch bei jungen Tieren und im Kopfbereich eingesetzt, was eigentlich verboten ist.
Was ist mit Bio-Tieren? Gab es einen Unterschied?
Nein. Bio-Tiere und Nicht-Bio-Tiere werden alle gleich behandelt. Alle werden auf dieselbe Weise hineingetrieben und geschlachtet.
Wie hast du dich deinen Kollegen gegenüber verhalten? Hast du dich als Tierschützerin geoutet?
Prinzipiell habe ich mich sehr zurückhaltend verhalten. Mir war die ganze Situation sehr unangenehm, deshalb wollte ich den Gesprächskontakt mit den Leuten eher vermeiden.
Welchen physischen und psychischen Belastungen warst du ausgesetzt? Wie hast du dich während der Arbeit gefühlt?
Für mich war es einfach die Hölle, anders kann man es nicht beschreiben. Ich habe sehr viel geweint und mich zurückgezogen. Ich konnte das überhaupt nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, und habe mich immer gefragt wie die anderen diese Arbeit überhaupt machen können. Die psychische Belastung war enorm hoch.
Wie haben die Erfahrungen aus dem Praktikum deine Einstellung zum Thema Tiere essen beeinflusst? Wie bewertest du diese Zeit rückblickend?
Ich lebe vegan, und meine Erfahrungen während des Praktikums haben meine Ansichten nur gefestigt. Ich habe gemerkt, dass es den Leuten, mit denen ich meine Erfahrungen geteilt habe, nahe gegangen ist, und dass ich sie zum Nachdenken angeregt habe. Ich freue mich darüber, wenn Leute sagen, dass es ihnen etwas gebracht hat, von meinen Erlebnissen zu erfahren. Dieses Praktikum war das Schlimmste, was ich je durchmachen musste. Ich wünsche diese Erfahrungen keinem. Weder Tier, noch Mensch.
http://albert-schweitzer-stiftung.de/aktuell/interview-mit-einer-schlachthaus-praktikantin