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Polit-Offizier der NVA und SED-Mitglied
Die CDU in Mecklenburg-Vorpommern „akzeptiert“ die Wahl eines ehemaligen Polit-Offiziers der NVA zu einem ihrer Kreisvorsitzenden. Die Union setzt damit ihren Spagat
zwischen Angriffslust auf die Post-Kommunisten (wegen deren Akzeptanz belasteter Kader)
und Duldung eben dieser Kader in den eigenen Reihen fort.
Frank Benischke (45) war auch SED-Mitglied. Ein „Na und?“ wäre zwar zu schnöselig, aber
2 Millionen Menschen wegen einer einstigen Fehlentscheidung auf Dauer von der Demokratie auszugrenzen, hat auch etwas mit Überheblichkeit zu tun. Es schadet außerdem dem Anspruch, möglichst viele Menschen von der Freiheit und dem daraus resultierenden demokratischen Bewusstsein zu überzeugen.
Aber Polit-Offizier der NVA? Das waren die Einpeitscher, die kommunistischen Statthalter
zwischen Todesstreifen, Mauer und Stacheldraht, die regelmäßig junge Menschen vergatterten, auf Menschen zu schießen, weil Flüchtlinge als Staatsfeinde zu vernichten seien. Da hilft auch die Berufung auf eine Bundeskanzlerin nicht, die ehemals FDJ-Sekretärin war. (Das kann man auch als einen Beitrag zur Einheit sehen.) Aber eine FDJ-Sekretärin hat weder auf Flüchtlinge geschossen, noch andere veranlasst, sich über die Regeln der Menschlichkeit hinweg zu setzen.
Ein ehemaliges SED-Mitglied in einer ehemaligen Block-Partei, das ist mir allemal lieber als ein einstiges SED-Mitglied bei den Post-Kommunisten. Ein ehemaliger Polit-Offizier der NVA als nunmehriger Kreisvorsitzender der CDU, das erscheint mir als Widerspruch zu dem
Selbstverständnis dieser Partei. Und als Dolch in den Rücken der Parteifreunde, die gerade in Brandenburg zu Potsdam gegen einstige Systemträger anrennen.
Noch sind diese Widersprüche regional angesiedelt. Aber die Bundeskanzlerin sollte in ihrer Eigenschaft als Parteivorsitzende ein Auge darauf haben, dass diese regionalen Dissonanzen nicht in das Bewusstsein aller Wähler dringen. Der ist nämlich kritischer und – Gott sei Dank – bewegungsfähiger geworden. Und wenn eine Partei ihre Glaubwürdigkeit verliert, sieht sie sich schneller auf der Oppositionsbank wieder, als ihr lieb ist. Siehe SPD.
27.11.2009
Stasi-IM im Brandenburger Landtag: Es diestelt
Kritik ist sinnvoll. Sie verliert allerdings an Wirkung, wenn sie permanent wiederholt wird, ohne die durch diese Kritik veranlaßten Veränderungen einzubeziehen. DIE LINKE in Brandenburg stellt sich nun den Konsequenzen aus einer Regierungsbeteiligung. Sie will ihren Stasi-IM Gerd-Rüdiger Hoffmann auffordern, die Fraktion zu verlassen oder – noch besser – sein Mandat niederzulegen.
Nun gehört Hoffmann ja schon seit 2004 dem Landtag an, und keiner hat seine einstige IM-Tätigkeit bemerkt. Und: Die Fraktionsvorsitzende Kaiser war selbst IM. Das ist alles verwirrend. Nichts Neues aus Brandenburg?
Ich meine: Doch. Von der IM-Tätigkeit Hoffmanns wußte vor der neuen Legislatur augenscheinlich auch nicht die Partei. Bei Kaiser war dieser schmuddelige Lebensabschnitt dank eigener Einlassungen längst bekannt. Kaiser verzichtete auf ein Regierungsamt, immerhin. Und fordert jetzt Kosequenzen in Sachen IM-Kollege. Es bewegt sich also etwas in dieser Partei, die sich noch immer schwer tut mit der geradlinigen Vergangenheitsbewältigung. Und ihre Kritiker täten gut daran, diesen Zug in die richtige Richtung konstruktiv zu begleiten, als durch undifferenziertes "Haltet den Dieb" die Kräfte von gestern zu stärken.
Aber auch die CDU bekommt allmählich ein echtes Problem. Während sie ehrenwert für die Aufdeckung und Entfernung ehemaliger IMs aus dem Landtag streitet, verteidigt nach wie vor ein ehemaliger Innenminister dieser Partei vehement die alten Stasi-Seilschaften. Peter-Michael Diestel findet nach wie vor nichts dabei, seine Klientel in diesem Bereich zu finden und lauthals sein gesellschaftliches Contra zu formulieren. In anderen Landstrichen saßen oder sitzen belastete Kader der alten SED für die Christsozialen in Amtssesseln. Die CDU sollte sich auch hier endlich positionieren, sonst bekommt sie ein Glaubwürdigkeitsproblem. Auch wenn Diestel nicht mehr dieser Partei dient: Es diestelt nach wie vor – und die CDU schweigt.
24.11.2009