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Keine lässigen Kotskis

Berlin, 2.Juli 2011 – Seit Jahren werden die Opferverbände der SED-Diktatur mit Querelen, absurden Vorwürfen und Attacken beschäftigt, die manch ein ehemaliger Verfolgter als Fortsetzung von perfiden Zersetzungsmaßnahmen der einstigen Stasi empfindet. Über diese und jene Auseinandersetzung könnten die Mitglieder der über 40 Verbände und Aufarbeitungsinitiativen sicher lässig zur Tagesordnung übergehen, wären da nicht die großen und kleinen Kotzkis und weisen Strategen, die keineswegs lässig, sondern sorgfältig als „Kritik“ getarnte Zersetzungsmaßnahmen gegen unliebsame SED-Opfer durchführen.

Nachdem der Dachverband UOKG nach nahezu eiskalter Opferung seines verdienten langjährigen Vorsitzenden Horst Schüler wieder Ruhe in seine Reihen bringen konnte und dafür den Austritt einiger altgedienter und angesehener Verbände inkauf nehmen musste, verlagerten die Provokateure ihre Aktionen auf einzelne Verbände.

Nach dem Dachverband wurde die VOS ins Visier genommen

War die VOS als größter Verband der Kommunismus-Opfer-Veteranen infolge fragwürdiger Intrigen gegen den seinerzeitigen Vorsitzenden aus der UOKG ausgetreten, entkam der Verein dennoch den zwischenzeitlich auf neue Taktiken eingestellten Akteuren nicht. Seit dem Herbst 2009 erschüttern den Verband interne Auseinandersetzungen, die von den Mitgliedern allzu lässig als vorübergehende Erscheinungen eingestuft wurden. Seither häuft sich die interne Kritik an den diversen Manipulationen im Verband, die augenscheinlich auf eine gezielte Unterwanderung (von links) zurückzuführen sind. Ein egozentrisch orientiertes Duo hat offenbar die Regentschaft übernommen und kickt jede Kritik als „aus der rechten Ecke“ kommend oder als „unzulässig, rechtswidrig“ aus dem Feld. Daraus resultierende rechtliche Auseinandersetzungen um Hausverbote und Vereinsausschlüsse hakt man dabei lässig ab; im Zweifel stehen in bereits gewohnter Weise die Mitgliedsgelder zum Ausgleich von Rechtsanwalts- und Gerichtskosten zur Verfügung. Mit einer derartigen „Rechtschutzversicherung“ ausgestattet , deren Kasse durch permanente Spendenaufrufe im Verbandsorgan, der sinnvoll so benannten Freiheitsglocke, aufgefüllt wird, haben kritische und sich der Verfolgung aussetzende Mitglieder absolut schlechte Karten, denn sie müssen das Prozess-Risiko im Fall des Falles aus eigener Tasche bezahlen.

Hochbrisante Einmischung: Ausschluss oder Mittelstreichung, Mail-Ausschnitt 21.10.2009


Fragwürdiger Druck durch einen Abgeordneten

Lässig bezieht zumindest ein VOS-Funktionär vorhandene Partei-Beziehungen im Kampf gegen diese Kritiker ein, auch wenn diese Aktionen politisch und rechtlich äußerst bedenklich erscheinen. So wurde ein Mitglied des Abgeordnetenhauses animiert, gleich zweimal in nur vierzehntägigem Abstand in schriftlicher Form an den Bundesvorstand heranzutreten und kategorisch den Ausschluss eines kritischen Mitgliedes zu verlangen. Die Drohung des (allen Bürgern verpflichteten) Abgeordneten hatte es in sich: Der Haushaltsauschuss des Abgeordnetenhauses könnte Haushaltsmittel sperren, wenn der Verband der Forderung nicht entsprechen sollte. Der VOS-Funktionär fühlte sich indessen in seinem verbandsinternen Vorgehen so sicher, dass er sich neun Monate später lässig brüstete, e r habe den Ausschluss betrieben und der Abgeordnete habe mit „politischem Druck“ geholfen.

Nachfrage mit Drohung der Sperre von Haushaltsmitteln: Auschnitt aus Mail vom 4.11.2009

Während also über Satzungsverstöße (die Wahl eines VOS-Bundesvize wurde vom Registergericht annulliert), Satzungsänderungen (Vorstände dürfen jetzt entgeltlich für den Verein arbeiten) und über offenbar mit dem Landesbeauftragten für Stasi-Unterlagen abgesprochene Ausschreibungen zwei Vorstandsmitglieder (die der selben Partei angehören oder nahestehen) mit bezahlten Posten versehen, das Einkommen der neuen Funktionärsriege also abgesichert wurde, kümmerte sich ein Wolfgang Kotski* um flankierende Maßnahmen.

Kotskis Kampf in den Verbänden

Wolfgang Kotski kann einiges ertragen, weil er sich via Internet gut zu wehren weiß. Nur wenn ihm eine unbotmäßige Mitgliederversammlung die Gefolgschaft verweigert, versteht er keinen Spaß mehr. Auch als ihm (zuvor) eine (bezahlte) Beraterfunktion verweigert wurde, weil seinerzeit die Satzung derartiges noch nicht vorsah, konnte Kotzki nicht mehr lachen. Als schließlich eine pralle Kostenrechnung aus einem Gerichtsverfahren an ihn versandt wurde, leitete er diese Rechnung an den Verein um (man kann ja nie wissen) und beendete seine Mitgliedschaft.

Widerspruch aus dem Landratsamt: Die lässig verbreitete Lüge einer REP-Mitgliedschaft "bis 1993" ist falsch (Ausschnitt)


Damit waren keineswegs seine Aktivitäten erschöpft, im Gegenteil. Den nun gewonnenen Freiraum nutze er aus, um in diversen anderen Vereinen der SED-Opfer-Gemeinde kräftig für Unruhe zu sorgen und ziemlich ungeniert nach (neuen) Vorstandsposten zu greifen. Dabei stört ihn auch nicht das Chaos um eine kürzlich abgehaltene und von Kotski „gemanagten“ Vorstandswahl in einem geschichtsträchtigen Verein. Hauptsache, das Feld wird in seinem Sinn bestellt.
Auch die nachfolgende Mitgliederversammlung eines anderen Vereins wurde (diesmal verdeckt, also eher in der Funktion eines Strippenziehers) so tüchtig durcheinandergewirbelt, dass Beschlüsse unmöglich wurden. Klar erkennbares Ziel: Zwei unliebsame, weil gegenüber Kotski kritische Mitglieder, sollten auf sein Betreiben desavouiert und letztlich aus dem Verein entfernt werden.
Bereits geraume Zeit vorher hatte Kotski im Brandenburger Land einen als Putsch-Versuch empfundenen Vorstoß in einem angesehenen Verein gewagt, der aber in diesem Verein am energischen Widerstand empörter Mitglieder scheiterte. Ausgerechnet im Schatten einstiger KZ-Mauern, zwischen denen einst Opfer des Nationalsozialismus und – nach dem Krieg – Opfer des realen Sozialismus leiden und sterben mussten, wollte Kotski mit intriganten Methoden den amtierenden Vorstand stürzen und sich selbst an die Spitze setzen. Da auch Kotski ungern umsonst arbeitet (ein Anwesen in Brandenburg, eine Wohnung in Berlin, ein Auto und ein Motorrad müssen schließlich finanziert werden) wäre der Verein vermutlich durch eine geeignete Satzungsänderung in die Lage versetzt worden, auch Vorstandsmitglieder entgeltlich arbeiten zu lassen.

Der gemeinsame Kampf um Pfründe verbindet

Nun könnte man meinen, mit dem zuvor erwähnten Austritt Kotskis aus einem großen Verein wäre das Tischtuch zwischen diesem Verein und seinem ehemaligem Vorstandsmitglied unwiderruflich zerschnitten. Zumindest erging es so früheren Vorstandsmitgliedern. Kotski hingegen setzte offenbar auf Arbeitsteilung gegen den nach wie vor „gemeinsamen Feind“. Absprachen? Was nicht bewiesen wird, kann auch nicht behauptet werden. Aber Indizien sprechen ihre eigene Sprache. So wandte sich Kotski im letzten Jahr an einen Bundesminister (und an einen führenden Berliner Landes-Politiker), um den „gemeinsamen Feind“ durch entsprechende Verleumdungen zur Strecke zu bringen (was nicht im Sinne der Akteure gelang). Rein „zufällig“ tauchte der Schriftverkehr des Nicht(mehr)Mitgliedes in einem Ausschlussverfahren der VOS gegen den gemeinsamen Feind, einem in Ungnade gefallenen Mitglied, auf.

Nun darf gerätselt werden, welche gemeinsamen Interessen ein Nicht-Mitglied mit dem Vorstand eines Vereines gegen ein Noch-Mitglied verbinden. Die Deutung könnte einfach sein: Das Noch-Mitglied war während seiner Zeit als Angehöriger des Bundesvorstandes u.a. auf einen Vertrag zwischen Verein und einem Vorstandsmitglied gestoßen, den er für bedenklich hielt. Nach einer eingeholten Begutachtung durch den Vereins-Anwalt stand das Urteil fest: Rechtswidrig. Da der seinerzeitige Bundesvorstand sich weigerte, Konsequenzen zu ziehen und einen (vorgeschlagenen) neuen Vertrag zu gestalten, zog das Vorstandsmitglied nach einer weiteren Panne (durch eine lässig recherchierte Presseerklärung wurde die damalige Birthler-Behörde zu Unrecht diffamiert) die Konsequenzen und trat zurück. Seither bemüht sich der Bundesvorstand um die Abwehr vorgetragener Kritik, die längst nicht mehr ausschließlich von dem diffamierten Mitglied formuliert wird.

Da auch Kotski seine verdienstvolle Vereinsarbeit durch derartige Kritiker gefährdet sieht, hat sich vermutlich eine einst aus unterschiedlichsten Gründen motivierte Gesinnungsgemeinschaft gefunden, um durch gemeinsame Anstrengungen die bereits erlangten und noch zu erlangenden Pfründe zu sichern. Dabei drängt die Zeit, weil immer mehr Mitglieder aus ihrem Vertrauen in die integere Arbeit des Vorstandes erwachen und entsprechende Maßnahmen fordern. Gelingt es, die Kritiker vorher (und vielleicht wieder mit aktiver Hilfe von Abgeordneten und parteinahen Funktionären) mundtot zu machen, haben die mutmaßlichen Hasardeure gewonnen.

Ausweitung der Angriffe auf Landesbeauftragte und UOKG-Vorsitzenden

In die Auseinandersetzungen um die Gedenkstätte „Andreasstraße“ in Erfurt, die bislang von dem Verein und UOKG-Mitglied „Freiheit e.V.“ betreut wird, mischte sich jetzt der Bundesvorstand gar nicht mehr lässig ein und unterstützte über die Kameraden vor Ort hinweg die Vorstellungen des zuständigen Ministers. Nachdem die Landesbeauftragte für Stasi-Unterlagen, Hildegund Neubert, diese Einmischung „von außen“ kritisierte, ging ein Parteifreund des Ministers und Bundesvorstandsmitglied öffentlich vor und reichte eine geharnischte Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Neubert ein, die viel Staub in den Medien aufwirbelte. Nachdem die UOKG sich vor ihr Mitglied, den Verein „Freiheit“ stellte, wurde auch der Vorsitzende der UOKG Rainer Wagner Ziel der Attacken einiger möglicherweise aus dem Ruder laufender, sich offenbar sehr sicher fühlenden VOS-Vorstandsmitglieder. Rainer Wagner ist übrigens auch Mitglied der VOS und Träger der silbernen Vereinsnadel.

Die einstigen Kommunismus-Opfer werden mit jedem Tag älter. Und die Bereitschaft zu kräftezehrenden Auseinandersetzungen, ohnehin nach eigenem schweren Schicksal nicht mehr allzu ausgeprägt, wird mit jedem Tag geringer.

Da sind keine lässigen Kotskis am Werk, meint Mauerdemonstrant. Dass es sich bei deren Vorgehensweisen um ein gezieltes und programmiertes Agieren handelt, schwant inzwischen immer mehr Betroffenen. Allerdings können Kotski & Co. lässig die Entwicklung steuern: Die Zeit arbeitet wohl für die Etablierung funktioneller, auf das eigene Wohl ausgerichteter Nachfolger einstiger idealistisch geprägter Opfer der Diktatur.

* Name redaktionell geändert

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Biedermann als Brandstifter

Können Sie sich das vorstellen? Da geht ein bisher unbescholtener Nachbar in den Wald, der sich unweit Ihres Häuschens erstreckt, steckt sich eine Zigarette an und wirft diese nach ein paar gierigen Zügen gezielt in das verdorrte Unterholz. Im Nu entwickelt sich der einsetzende Schwelbrand zu einem fulminanten Feuer. Gerade noch kann sich unser Nachbar in Sicherheit bringen.
Schier atemlos läutet er an Ihrer Haustür und fragt Sie, was Sie zu dem furchtbaren Feuer vor Ihrer Haustür zu sagen hätten, er habe schon vorsorglich die Polizei informiert. Sie kennen den Nachbarn als netten Kameraden, der schon mal mit Ihnen in lauer Sommernacht ein Bierchen gezischt hat. Natürlich bleibt Ihnen die Sprache weg. Nicht nur wegen der heißen Luft, die beißend von dem brennenden Wald herüber geweht wird.
Dieses Bild kam mir in den Sinn, als ich wenige Tage nach der Verhandlung vor dem Amtsgericht Charlottenburg 41 Seiten (!) einer erneuten Anhörung mit dem Ziel des Ausschlusses aus einem Verein erhielt. Vor Gericht hatte der dreiköpfige Vorstand nach eindringlicher Verweisung auf die Sachlage den Beschluss vom 9. April diesen Jahres auf Ausschluss zurückgenommen. Freilich verschwieg er vor dem Richter, dass zehn Tage zuvor bereits eine erneute Anhörung mit eben demselben Ziel auf den Weg gebracht worden war.
Nun hielt ich also eine dritte Anhörung, die zweite innerhalb von vierzehn Tagen in den Händen, ohne Beifügung einer Antwort auf meine Stellungnahme zur zweiten Anhörung. Diesmal waren akribisch sämtliche Vorwürfe aufgereiht worden, einschließlich jener Punkte, die zuvor bereits vom Beschwerdeausschuss abgewiesen worden waren. Entweder dachten sich die Absender, unter denen nicht der Bundesvorsitzende war, durch Wiederholungen würden auch abgewiesene Vorwürfe richtiger oder sie setzten die einstigen Erfahrungen mit der unseligen Stasi der ehemaligen DDR um. Zu dessen Methoden gehörte die Zermürbung und Zersetzung ihrer Vernehmungsopfer durch ständige Wiederholungen bereits abgehandelter Themen.
Da ich bereits durch Experten wusste, dass dieses Verhaltensmuster bei ehemaligen Verfolgten durchaus bekannt war, erregte mich dieser Umstand allenfalls peripher. Schlimmer empfand ich die Beifügung von Unterlagen, die diverse Reaktionen von durch den Verein angeschriebenen Persönlichkeiten enthielten. Die hatten sich natürlich nicht amüsiert über die Anschwärzungen und Diffamierungen gezeigt und entsprechend reagiert. Und nun wollten die Urheber dieser provozierten Stellungnahmen doch allen Ernstes von mir wissen, was ich denn zu diesen schlimmen Reaktionen auf meine Person zu sagen hätte. Das Gift der Stasi frisst sich also auch zwanzig Jahre nach ihrer Auflösung (?) fort: Biedermann legt die Brände und fragt erstaunt bis empört nach der Reaktion auf das entfachte Feuer.
In der Vergangenheit soll es ja immer wieder Feuerwehrler gegeben haben, die Brände nur deshalb verursachten, um ihre Fähigkeiten zur Brandbekämpfung unter Beweis stellen zu können. Letztlich wurden sie alle früher oder später entlarvt. Das lässt mich trotz widriger Umstände hoffen …

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Führerschein, Innerer Reichsparteitag, der Führer und die Medien

Uns bleibt nichts erspart. Weder die Zitterpartie gegen die Slowaken noch mediale Ausrutscher unserer TV-Crews vor Ort im fernen Afrika. Da verplapperte sich doch eine geübte und gewiefte Sport-Moderatorin und verbreitet zur besten Sendezeit im ZDF, das Tor von uns Miro Klose sei diesem wohl ein „innerer Reichsparteitag“ gewesen. Und unser Titan Kahn, Kommentar-Partner unserer unglückseligen Sport-Reporterin? Er schwieg, überging diesen Fauxpas, als sei nichts Schreckliches geschehen. Ehe wir uns in eine Diskussion darüber einlassen konnten, was schrecklicher sei, diese Äußerung oder das nonchalante Überhören einer solchen, war der mediale Aufschrei in Deutschland so groß, dass dabei jede Diskussion im Keim ersticken musste. Sogar ein Verband der Kommunismus-Opfer meldete scharfen Protest gegen diese nazistische Äußerung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen an und nutzte die Mitgliedschaft im Fernseh-Rat des ZDF, um härteste Konsequenzen zu fordern. Die blieben zwar aus, aber ZDF und Korrespondentin räumten zerknirscht einen Fehler ein und gelobten konsequente Besserung. Auch dazu schwieg der Titan, andererseits war ja dann schon alles gesagt.
Man könnte alsbald zur Tagesordnung übergehen, würde nicht schon wieder ein Skandal das Fußball-begeisterte Deutschland aus der Euphorie reißen. Gestern erwischte es die ARD. In einer Life-Schalte aus Südafrika sagte doch ein interviewter „Schwarzer“ (so der ARD-Reporter) wortwörtlich: „Ich bin der Führer“ in meiner Gruppe. Ja, sind denn alle verrückt geworden? Gerade haben wir den „inneren Reichparteitag“ halbwegs überstanden, schon wird über TV die Botschaft eines Afrikaners verbreitet, er sei der Führer?
Zugegeben, dass wir trotz der braunen Vergangenheit auch 65 Jahre später noch immer den Führerschein amtlich vermarkten, ist bisher keinem aufgefallen, vielleicht, weil die Verleihung jeden Tag so unübersehbar oft erfolgt. Denn sonst hätte man diesen schon längst in einen „Kfz-Führungsschein“ umbenannt, da bin ich mir sicher. Aber auch beim „Kfz-Führungsschein“ dürfen wir uns keinen Druckfehler leisten, das hätte dann in der Tat noch fatalere Folgen. Die totale Aufarbeitung der Vergangenheit ist schwer genug. Aber gerade deswegen dürfen wir nicht zulassen, dass uns (schon wieder) missverständliche Äußerungen quasi untergejubelt werden.
Der Mauerdemonstrant ist sich allerdings sicher, dass die Aufdeckung dieses neuerlichen Skandals, den allerdings skandalös bisher keiner bemerkt hat, Konsequenzen haben wird. Der genannte Opferverband wird garantiert tätig und könnte seine Position im Aufsichtsgremium des (ARD-)MDR nutzen, um den Aufschrei des Entsetzens mit der Forderung harter Konsequenzen zu verbinden. Man konnte sich ja im Fall Kachelmann schon trefflich einüben. Jedenfalls aber haben wir schon jetzt eine harte Konkurrenz zwischen „innerer Reichsparteitag“ und „ich bin der Führer“ um das Unwort des Jahres. Und wenn wir dafür Sätze brauchen, dann erfinden wir eben noch den „Unsatz des Jahres“.
Egal, welche Position in der Tabelle unsere Jungs noch erklimmen, der Ausflug nach Südafrika hat sich schon jetzt gelohnt. Denn wir sind wieder sensibel geworden für die Notwendigkeit der totalen Aufarbeitung in Bild, Wort und Schrift. Das allein ist ein Wert an sich. Danke, Miro Klose, danke Trainer, danke Mannschaft und danke ZDF und ARD.

Hü und Hott – Der Widerstand übt sich in Sprechblasen

Nachdem sich die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Deutschen Bundestag in einem Grußwort an ehemalige Stasi-Obristen gegen die „Dämonisierung“ der DDR und insbesondere des ehem. Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) ausgesprochen hatte, schlugen wieder einmal die Wellen der Empörung hoch. Ulla Jelpke, so heißt die Dame im demokratisch gewählten Parlament Deutschlands, verglich zudem die Agenten der HVA mit denen des Bundesnachrichtendienstes (BND) und würdigte die ehemaligen Stasi-Spione für ihren „mutigen Einsatz für den Frieden“.
Das rief – natürlich – auch die Vereinigung der Opfer des Stalinismus auf den Plan. Der Stellvertretende Bundesvorsitzende und quirlige Pressesprecher warf Jelpke eine „eklatante Verhöhnung der Opfer der DDR-Diktatur“ vor und forderte eine Klarstellung ihrer Partei. Ulla Jelpke leide unter „Wahrnehmungsstörungen“, meinte der Noch-Kandidat für den Posten des Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen in Sachsen-Anhalt, ihre Äußerungen seien „ein Schlag ins Gesicht“ der Opfer.
Gegen diese Kritik wäre ja nichts einzuwenden, wenn diese nicht so äußerst lässig daher käme. Denn noch vor wenigen Monaten wurde eben diese Dame als Kronzeugin im Ausschlussverfahren gegen den Vorgänger des endlich im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen gewählten stv. Bundesvorsitzenden der VOS ins Gefecht geführt. Hatte doch die LINKE-Abgeordnete ganz demokratisch und in Sorge um unser Land in einer Anfrage nach der schrecklichen Zusammensetzung des berüchtigten WITIKO-Bundes, einer Gesinnungsgemeinschaft innerhalb der Sudetendeutschen Landsmannschaft, gefragt. Das macht Jelpke seit Jahren permanent, seit sie (wieder) im Bundestag sitzt. Man könnte ja auch über die missbräuchliche dialektische Nutzung eines Frage-Rechtes nachdenken, wenn es diesen Begriff in einer Demokratie gäbe. Doch das ist ja hier nicht der Punkt.
Den mauerdemonstrant verwundert eher das Hü und Hott eines großen Verbandes, der sich der Argumente nach Gusto zu bedienen scheint: Mal ist Jelpe eine willkommene Kronzeugin im vereinsinternen Clinch, mal ist sie willkommene BUH-Frau, weil die Chance medialer Aufmerksamkeit nicht einfach lässig übergangen werden darf. Man könnte es auch sarkastischer formulieren: Der (einstige) Widerstand übt sich in Sprechblasen und baut darauf, dass es keiner merkt. Das allerdings empfinden nicht nur Mitglieder als „Schlag ins Gesicht“.

Süddeutsche Zeitung als Mentor der VOS? – DDR-Opferverband spricht vorab von „bevorstehendem“ SZ-Bericht

Steht der größte DDR-Verfolgtenverband (Vereinigung der Opfer des Stalinismus – VOS) zum 60jährigen Bestehen vor einem medialen Durchbruch? Die angesehene überregionale Süddeutsche Zeitung, eine der wichtigsten und größten Tageszeitungen in Deutschland, scheint nun mit dem Verband eng zu kooperieren, will man den gezielten Indiskretionen am Rande der jüngsten Generalversammlung des Verbandes Glauben schenken.
Jedenfalls erscheint es nach Meinung von sogen. Insidern als ungewöhnlich, dass im Verband bereits intern – und über Emails -verbreitet wird, die SZ recherchiere für einen weiteren Artikel über den ehemaligen stellvertretenden Vorsitzenden der VOS und dessen Vergangenheit bei den Republikanern. Bereits vor der Veröffentlichung des ersten Artikels „Eine Familie in Deutschland“ vom 26.03.2010 kursierten im Verband interne Mails über den bevorstehenden „großen Bang“ gegen den einstigen Vorstands-Kameraden.
Die Süddeutsche hatte aus der Urteilsbegründung eines Scheidungsurteils vor dem Amtsgericht München und aus den Ergebnissen der nichtöffentlichen Verhandlung berichtet. Durch den Verband waren bereits vor der Verkündung des Scheidungsurteils Informationen über dessen Inhalt verbreitet worden, der damit einmal mehr bewies, über hervorragende Kooperationen zu verfügen.
Das Thema „Mitgliedschaft bei den Republikanern“ war bereits im vergangenen Herbst mit tatkräftiger Unterstützung eines Berliner SPD-Abgeordneten und eines befreundeten Agentur-Journalisten transportiert worden. Dabei hatte sich der Pressesprecher des Verbandes, Ronald Lässig, nicht gescheut, zum Mittel der Lüge zu greifen, als er wahrheitswidrig für die Medien erklärte, die VOS habe von dieser Mitgliedschaft des ehemaligen Vorstandsmitgliedes „nichts gewusst“. Lässig hatte hingegen bereits im Februar 2009 an einer Vorstandssitzung teilgenommen, auf der die REP-Mitgliedschaft eingehend diskutiert und mit einem Vertrauensvotum für den einstigen stv. Bundesvorsitzenden abgeschlossen worden war.
Bleibt abzuwarten, ob die als seriös eingestufte Süddeutsche Zeitung den offensichtlichen Missbrauch ihrer Recherchen für vereinsinterne Auseinandersetzungen goutiert und entsprechend den Vorstellungen und Ankündigungen der VOS mit der „rechtsradikalen Vergangenheit“ eines ehemaligen Vorstandsmitgliedes aufmacht.
Den Traditionen der berühmten Seite 3 entsprechend könnte die SZ natürlich auch über gewisse Unredlichkeiten in einem „Opferverband des Stalinismus“ berichten. Dagegen spricht einstweilen das augenscheinliche Zusammenwirken zwischen der SZ und dem Verband, zumindest zwischen dessen Pressesprecher und vorgeblichem „Redakteur der Tagesschau“ und der seriösen Berlin-Korrespondentin dieser angesehenen Zeitung aus dem blau-weißen Süden Deutschlands.

Vorwürfe, Urheber und die schwere Suche nach der Wahrheit

Zugegeben, für den Pressesprecher der „Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS)“ war das ein Leckerbissen: Diffamierte doch die Süddeutsche Zeitung auf einer ganzen Seite den zur Unperson gewordenen ehemaligen stv. Vorsitzenden der VOS, indem sie diesen als „Kinderschänder“ bezeichnete. Ronald Lässig, so heißt besagter Pressesprecher und vorgeblicher Redakteur bei der „Tagesschau“, wusste schon vor der Verlesung des Scheidungsurteils in München (13.Januar 2010) von dem Inhalt der Begründung für die Versagung des Versorgungsausgleiches. Kaum zu glauben, dass die Richterin selbst Unterlagen aus einer nichtöffentlichen Verhandlung lanciert hat. Wer aber dann?
Jedenfalls informierte Lässig bereits im Dezember 2009 (!) seinen „Freund“ bei einer Nachrichtenagentur, der dann auch prompt entsprechende Fragen an den männlichen Part der Scheidung mailte. Dieser Freund hatte sich bereits im Oktober letzten Jahres als zuver-Lässig erwiesen und im Zusammenspiel mit einem ebenso zuverlässigen Genossen in der SPD-Fraktion des Abgeordnetenhauses von Berlin den Versuch unternommen, den Delinquenten als „rechtsradikalen Kommunistenfresser“ und „Deutschnationalen“ zu diffamieren. Vom Zusammenspiel des Trios her (siehe auch http://www.17juni1953.de unter „Presse“) funktionierte das perfekt, vom Ergebnis der beabsichtigten Verunglimpfung auf der üblichen AntiFa-Schiene her eher nicht. Da kam ein nicht-rechtskräftiges Scheidungsurteil in München gerade richtig. Bereits seit Januar kursierten dann Mails von eingeweihten VOS-Mitgliedern, die den großen „Bang“ gegen das ehemalige Vorstandsmitglied ankündigten. Der Titel mit seinem unterschwelligen Bezug auf „Deutsch-National“ versprach dann auch, was er inhaltlich hielt: „Eine Familie in Deutschland“.
Die seriöse Süddeutsche Zeitung nutzte ihr Ansehen, um aus den nichtöffentlichen Unterlagen zu zitieren und zu postulieren: Vorsicht, hier ist ein Kinderschänder unterwegs. Die Formalie, dass hier der Adressat der Vorwürfe mit Buchstaben-Anführung des Familiennamens (unter Ausschreibung des vollen Vornamens) zitiert wurde, sollte eine Seriosität suggerieren (Natürlich wurden die anderen Beteiligten nur unter Pseudonym benannt.),  die allerdings in dem Artikel weitgehend auf der Strecke blieb. Dem fleißigen Pressesprecher der VOS blieb es dann vorbehalten, auch den Familiennamen in aller Breite zu publizieren. Schließlich weiß man in der VOS, was man Kameraden schuldig ist: Schonungslose Offenheit. Die bleibt zwar außen vor, wenn es um ungesetzliche Machenschaften in der Vorstandsetage geht, aber das ist ein anderes Thema.
Inhaltlich führt die Autorin des SZ-Artikels alle belastenden Behauptungen und Äußerungen an, verzichtet aber auf die Hinterfragung vorgeblicher „Fakten“. Warum „missbrauchte“ der Beschuldigte seine Tochter über „vier Jahre“, um sich dann nach Jahren „der Enthaltung“ seinem jüngsten Sohn „missbräuchlich“ zuzuwenden, und das erst nach seinem Auszug aus dem familiären Verbund? Warum „missbrauchte“ der Angeprangerte nicht seinen ältesten Sohn (nachdem er sich von der Tochter „abgewandt“ hatte)? Warum nicht seinen jüngsten (adoptierten) Sohn aus zweiter Ehe? Warum ließ „der Täter“ überhaupt von seinen „Opfern“ ab? Fragen, die eine seriöse Zeitung und ihre seriöse Autorin durchaus hätten stellen können, aber vielleicht gar nicht stellen wollten?
Hier soll nicht ein ernstes Thema verballhornt werden. Der Missbrauch von Menschen, ob an Kindern oder Erwachsenen, ist dafür viel zu ernst, zumal bei Kindern. Aber zu den Berichterstattungen, wenn sie denn den Anspruch auf Seriosität erheben, gehören nicht verhandelbare Grundregeln. Zu denen gehören die strikte Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze (auch wenn sich manche Medien außerhalb dieser Rechte stehend wähnen), wonach z.B. ohne rechtswirksames Urteil in der Sache nicht Behauptungen in die Landschaft geknallt (oder getitelt) werden dürfen, die geeignet sind, jedwede Reputation einer Person oder einer Familie dauerhaft zu zerstören. Dazu gehört eine intensive Recherche (sowie notwendige Hinterfragung) und die gleichgewichtige Veröffentlichung von Ergebnissen. Dazu gehört die Einbindung von Veröffentlichungen des um sich greifenden „Missbrauchs mit dem Missbrauch“, denen in den letzten Jahren zahlreiche Menschen zum Opfer fielen, die teilweise mehrere Jahre wegen dieser (übrigens von Gutachter und Psychologen „untermauerten“) Vorwürfe in Haftanstalten zubringen mussten. Wer will eigentlich diese „Opfer“ jemals von deren Traumata befreien, nachdem sich deren Unschuld herausgestellt hatte?
Das jetzt öffentlich diskutierte Thema ist zu wichtig, um dieses dem Boulevard schrankenlos auszuliefern. Sonst könnte es geschehen, dass unter dem Mantel der „Anprangerung von Unrecht“ neues Unrecht geschaffen wird (Auch die VOS wüsste darüber einiges – wenn auch aus einem anderen Feld – zu berichten). Den tatsächlichen Opfern von Missbrauch (oder „des Missbrauchs vom Missbrauch“) ist mit dieser Geld- und Schlagzeilen-trächtigen Vulgarisierung des Themas überhaupt nicht geholfen. Im Gegenteil. Sie werden erneut (für andere Zwecke) missbraucht.
Die Opfer jedweder Verbrechen (dazu gehören auch die Opfer sogen. „Jugendwerkhöfe“ der einstigen DDR wie der „Heimerziehung“ in der alten Bundesrepublik) brauchen ehrliche Anteilnahme, Aufklärung des Geschehens und Maßnahmen der Prävention. Tatsächliche Opfer von Gewalttaten sehen  ihr Heil nicht in der Durchsetzung finanzieller Zielsetzungen (das könnte der Staat ohnehin nicht durch Geldleistungen ausgleichen). Tatsächliche Opfer wollen ernst genommen, als „Zeitzeugen“ in diese Diskussion, in die Prävention einbezogen werden. Dazu gehören Anhörungen zu Gesetzesvorhaben wie die Schaffung von Institutionen, die den einstigen (oder aktuellen) Opfern nicht nur ihr Ohr leihen sondern auch Hilfe bei der Bewältigung anbieten.
Und wenn diese Bemühungen medial seriös durch sensible, auf marktschreierische Möglichkeiten verzichtende Berichterstattungen begleitet werden, kann eine Gesellschaft auch dieses Thema spät, aber nicht zu spät, bewältigen.
Und noch eine – sehr persönliche – Anmerkung: Als Opfer vielfältiger Misshandlungen in der eigenen Jugend kann ich selbst nur den Rat weitergeben, sich weniger wegen dieser schrecklichen Erfahrungen am eigenen Leib und Leben selbst zu bejammern als vielmehr offensiv den Blick nach vorn zu richten, sich eher an den positiven Erfahrungen des Lebens zu orientieren. Dadurch gewinnen wir als Betroffene die notwendige Kraft, von unseren Erfahrungen ohne Schaum vor dem Mund offen zu sprechen und an Lösungen wirksam mitzuarbeiten, damit sich das eigene Erleben nicht weiter fortsetzen kann. Weder offen noch im Verborgenen.

P.S.: Übrigens ist dem Deutschen  Presserat eine Beschwerde über den zitierten Artikel in der SZ übermittelt worden. Auf das Ergebnis darf man gespannt sein.

Opfer, Interessenten und engagierte Menschen

Tag der Offenen Tür in BStU-Außenstelle Frankfurt ein Erfolg

Berlin, 7.03.2010/cw – Es war zweifellos der Höhepunkt der Veranstaltung, wie Rüdiger Sielaff, Leiter der Außenstelle, zurecht feststellte: Die Buchlesung mit Joachim Gauck, der im vollbesetzten Raum sein Buch „Winter im Sommer – Frühling im Herbst“ vorstellte. Ungewöhnlich genug, das die Plätze zuvor reserviert werden mussten und daher mittels einer Kamera die Lesung ins ebenfalls vollbesetzte Foyer übertragen wurde. So waren viele Zuhörer überrascht über einen Joachim Gauck, der weniger die „Behörde“ seines Namens präsentierte, als einen Menschen, der humorvoll, häufig philosophisch, ansonsten sensibel und bewegend über „seine Zeit“ in der DDR berichtete. Da kam fast etwas Wehmut auf, wenn Gauck über den Abschied von seinen Kindern berichtete, die nach und nach in den „Westen machten“, während er, der Pfarrer, vor Ort bleiben wollte, weil „doch nicht Alle gehen konnten“.
Ein wenig Trauer drang da schon durch bei dem Bürgerrechtler, dass dann alles nicht so lief, wie man sich das erträumt hatte. Unausgesprochen stand es kurzzeitig im Raum: Wäre eine bessere DDR nicht wünschenswert gewesen? Aber Gauck wäre nicht Gauck, wenn er nicht selbst in die Realität zurück fände. So fand ja die Lesung nicht zufällig vor einem Mauer-Segment statt, auf dem eine ehemalige Gefangene eindrucksvoll am Beispiel der Frauen von Hoheneck, dem berüchtigten Frauenzuchthaus der DDR, den Verkauf aus politischen Gründen Verurteilter an die Bundesrepublik dargestellt hatte. Gauck erinnerte an die Verfolgung Andersdenkender, rief eindrücklich die Persiflage ins Gedächtnis, die man als „Wahlen“ bezeichnet hatte und appellierte mit lebhafter Empathie an seine Zuhörer, die Wahlen in einer Demokratie als eines ihrer wichtigsten Essentials wahrzunehmen. Denn: Es gebe immer eine Möglichkeit, zwischen den Angeboten „die beste aller schlechtesten oder die schlechteste aller besten Varianten“ zu wählen. Kein Wunder, wenn nach diesem Vortrag eines engagierten Vaters, Ehemanns, Pfarrers und Bürgerrechtlers der ausgelegte Bücherstapel im Nu vergriffen war und Gauck kaum nachkam, seinen begehrten Namenszug in die Kaufobjekte der geduldig Wartenden, hin und wieder mit persönlicher Widmung, einzutragen.

Wie bereits erwähnt, hatte die Außenstelle neben vielen Dokumentationen auch eine Auswahl jener künstlerisch gestalteten Mauersegmente nach Frankfurt geholt, die in einer beispiellosen Aktion zum zwanzigsten Jahrestag der Mauer-Öffnung zwischen Reichstag und Potsdamer Platz symbolisch zum Einsturz gebracht worden waren. Das Segment „Hoheneck“, geschaffen von Heide-Lore Fritsch aus Berlin, war im Oktober letzten Jahres eigens vor die ehemaligen Zuchthaus-Mauern transportiert worden, um dort von den Frauen der „Ehemaligen“ enthüllt zu werden. Es stand dann noch vielbeachtet von Einwohnern und Besuchern bis zum 3. Oktober vor dem Rathaus der Stadt Stollberg, ehe es dann seinen Platz zum großen Mauerfall-Spektakel vor dem Brandenburger Tor fand. Finanziert hatte den Stein und die Aktion der Landesverband Berlin-Brandenburg der VOS, der Frauenkreis ehemaliger Hoheneckerinnen, die Vereinigung 17. Juni und zahlreiche Einzelspender.

Am Vormittag war eine eindrückliche Ausstellung von Fotos der Künstlerin Franziska Vu eröffnet worden, die Reflektionen aus dem zentralen Stasi-Untersuchungsgefängnis in Hohenschönhausen vorstellte. Zwei ehemalige Insassen, Sigrid Paul und Mario Röllig, VOS-Landesvorsitzender der vorgenannten Sektion, berichteten eindrucksvoll über ihre traumatischen Erfahrungen in jener Haftanstalt, die heute noch von ehemaligen Kadern der Folter- und Zersetzungs-Truppe als „Horror-Kabinett der Lügner und Geschichts-Leugner“ diffamiert wird.
Erstaunlich viele Interessenten nutzten die Gelegenheit, einmal hinter die Kulissen der Aufarbeitungsbehörde zu blicken und hier und da mit ehemaligen Opfern und Verfolgten ins Gespräch zu kommen. Engagierte Mitarbeiter der Außenstelle sorgten nicht nur mit fachkundigem Rat, sondern mit Herzlichkeit für eine Wohlfühl-Atmosphäre an einem Ort, der ansonsten mit Bildern und Dokumenten eher das Grauen von Gestern beschrieb. Liebevoll hergerichtete Schmalzbrote, Kuchenstückchen mit Kaffe oder Tee ermöglichten den Besuchern eine Pause und ließ sie zur notwendigen Ruhe kommen.
Die Mauersegmente sind noch bis Ende März zu den Öffnungszeiten in der Außenstelle zu besichtigen.

Joachim Gauck vor dem Segment "Hoheneck"

Tatjana Sterneberg erklärt Joachim Gauck das Segment "Hoheneck"

Gauck-Buchvorstellung in Frankfurt/Oder

Das Team der BStU-Außenstelle mit Joachim Gauck

Mario Röllig und Franziska VU eröffnen die Foto-Ausstellung

C.W.Holzapfel, Rüdiger Sielaff, Joachim Gauck, Tatjana Sterneberg

Ein Zwischenruf zu Stalin

Das ist eine Titel-Überschrift aus der Berliner Tageszeitung DER TAGESSPIEGEL von heute (Sonntag, 17.01.2010). Erfahren habe ich davon durch einen strukturierten Pressespiegel, den ein Kamerad (meist) tagtäglich an diverse Personen (die er mag) via Internet verschickt. Das finde ich fleißig und lobenswert, und als ich noch im Verteiler war, habe ich mich darüber gefreut. Nicht jeder Verein betreut seine Mitglieder so ausgesucht informativ.
Natürlich macht man sich Gedanken, warum man sich plötzlich nicht mehr im Kreis der Auserwählten befindet. Ganz erklären konnte ich mir das nicht.
Als ich den vorgenannten Artikel las, keimte so ein Gedanke in mir auf: Besagter Kamerad hat im Augenblick große Probleme, weil eine vom Bundesvorstand initiierte Abstimmung in die Kritik geraten ist (siehe hierzu: http://www.17juni1953.de – Presse). Und besagter Kamerad zeichnet sich auch dadurch aus, dass er Probleme erst gar nicht an sich herankommen lässt. Sonst wäre ihm sicherlich die Ironie aufgefallen, die in der Verbreitung gewisser Passagen aus dem TAGESSPIEGEL-Artikel liegt. Bitte lesen Sie mit:

„Es sind die ganz alten Reflexe, die bei der Linken in der Führungskrise den Weg weisen. Kritik und Selbstkritik, Denunziation, Verleumdung, Schauprozess, Säuberung. Der ganze Instrumentenkasten des Stalinismus kam bei der Partei Oskar Lafontaines und Gregor Gysis in den vergangenen Wochen zum Einsatz. Einen Führungs- und Richtungsstreit offen auszutragen, mit Kampfabstimmungen und außerordentlichen Parteitagen? Warum denn, wenn es auch anders geht? Die Linke hat, sooft sie in der Vergangenheit das Gegenteil von sich behauptete, den Weg in die Demokratie noch nicht gefunden.“

http://www.tagesspiegel.de/meinung/kommentare/Linek-Gysi-Bartsch-Lafontaine-Stalin;art141,3004089

Ist Ihnen die Ironie auch aufgefallen? Zur Verdeutlichung hier noch einmal der geringfügig veränderte Text:

„Es sind die ganz alten Reflexe, die dem Verband in der Führungskrise den Weg weisen. Kritik und Selbstkritik, Denunziation, Verleumdung, Schauprozess, Säuberung. Der ganze Instrumentenkasten des Stalinismus kam bei dem Bundesvorstand des fraglichen Kameraden in den vergangenen Wochen zum Einsatz. Einen Führungs- und Richtungsstreit offen auszutragen, mit Kampfabstimmungen und außerordentlichen Generalversammlungen? Warum denn, wenn es auch anders geht? Der Verband hat, sooft er in der Vergangenheit das Gegenteil von sich behauptete, den Weg der Demokratie offenbar noch nicht gefunden.“

Ein Schelm, der Böses dabei denkt und dabei riskiert, abgestraft zu werden. Und wenn es nur die Einstellung des lieb gewordenen Pressespiegels ist. Der wird mir dankenswert von anderen Kameraden übermittelt, die noch nicht in Ungnade gefallen sind. Und da nehme ich die dreifache Zuleitung gerne inkauf. Wer weiß, vielleicht verringert sich die Anzahl der Zusendungen von ganz alleine? Sicher ist sicher.

Siegerlaune reicht nicht

Der Kater folgt der Feier auf den Pfoten. Was waren wir glücklich, haben gejubelt, vor Freude geweint, uns im nie endenden Freudentaumel gewähnt und dachten, das geht nie vorbei. Und wir haben nicht gemerkt, es vielleicht auch gar nicht wissen wollen, wie sich die Kostgänger der einstigen Unterdrücker unter uns gemischt, sich mit dem Freudenvolk vermischt haben. So verschwanden sie in der Taumel-Masse, wurden nahezu unkenntlich. Nur ab und an rief einer: „Der da!“ oder „Die da“! Dann musste ER oder DIE gelegentlich Konsequenzen ziehen und sich aus der Öffentlichkeit, dem oft durch Vergangenheits-Verschweigung erschlichenen
Amt zurückziehen – bis zum nächsten Anlauf. Heute wagen DIE und DER längst den Hochmut vergangener Tage und schmähen die einstigen Objekte ihrer hinterlistigen Belauschung der „Verweigerung von Versöhnung in diesem ´unserem´ Land“. Geht es eigentlich noch perfider? Müssen wir Deutschen der Welt ohne Punkt und Komma, ohne die Nachdenkpause des Innehaltens immer wider zeigen, wie es n i c h t funktionieren darf?
Erst allmählich dämmerte es den Underdogs der vormaligen Diktatur, den Verfolgten und Oppositionellen, dass der Jubel über die Befreiung von Unterdrückung und Gängelung durch eine kleine Polit-Mafia häufig von den Satrapen des umfangreichen Unterdrückungsapparates unterjubelt wurde. Während sich die Widerständler von einst noch verwundert die Augen rieben, besetzten die alten Kader die unteren Streben des neuen Staates, ohne die ein Gemeinschaftswesen, noch weniger deren Führung auskommen können.

Und als der eine oder andere Träumer von einer besseren und freieren Zukunft aufwachte und gewahrte, dass genau die Partei, die man für endgültig tot hielt, unter wiederholter öffentlicher Namenshäutung zu neuer Blüte gelangte, war die Zeit möglicher Veränderungen vorbei. Der Alltag hatte die Träume überholt.
Statt nun neue Gedanken zu entwickeln, sich der Tristesse entgegen zu stellen, um der Zukunft vertane Chancen zu erhalten oder neu zu schaffen, passten sich die einstigen Streiter wider den Ungeist schneller als vielfach befürchtet der neuen Ordnung an, die s o eigentlich nicht die ihre war. Wichtiger als Grundsätze wurden nun gesellschaftskonform die kargen, ohnehin nicht üppigen Plätze in den Funktionärs-Etagen diverser Vereine. Schließlich war man mit Bescheidenheit vertraut. Und man erinnerte sich an die vereinfachten Formen stilisierter Demokratie, verzichtete hier und da auf mühselige Debatten und umständliche, weil aufwändige Abstimmungsformen. War man sich nicht ohnehin einig? Wozu brauchte es da noch Auseinandersetzungen nach innen? Wichtig wurde die Show nach außen, um der eigenen Klientel die Unvergänglichkeit inhaltslos gewordener Sprüche permanent nachzuweisen.

Was wir daraus lernen könnten? Der Kater folgt der Feier auf den Pfoten. Siegerlaune allein reicht nicht. Freiheit ist komplizierter, als wir uns dies in einer kleinen Zelle erträumt haben. Freiheit muss jeden Tag verteidigt, jeden Tag neu erobert werden. Wo wir die falschen Kompromisse schließen, haben wir diesen Kampf bereits verloren, haben wir unseren einstigen gemeinsamen Traum im amtlich vertonten Jubel verloren.

Siehe auch http://www.17juni1953.de >>>Presse: „VOS: Beschwerde gegen „kontrollierte Wahl“ zum Vorstand“ vom 6.01.2010

Weihnachtszeit – Märchenzeit

Eigentlich war er Pförtner in dem großen Zeitungsverlag an einem großen Fluss in Deutschland. Eigentlich, denn Georg fühlte sich schon längst zu Höherem berufen, auch wenn ihn der Gedanke an einen anderen Arbeitsplatz außerhalb seiner Pförtner-Loge zuweilen schwindelig machte. Hatte er doch schon für andere Funktionen kandidiert und war sogar vom Chef der Pförtner-Gewerkschaft unterstützt worden. Zwar war Georg seinerzeit erfolglos geblieben (auch wenn er die meisten Stimmen von allen Nicht-Gewählten erhalten hatte), aber er beschloss nun, für seinen Aufstieg systematisch und konsequent zu kämpfen.

Schon bald ergab sich eine günstige Gelegenheit. Als der Verband der Betroffenen und Hinterbliebenen in Deutschland (VBH) einen Kandidaten für einen vakanten Vorstandsposten suchte, stellte sich Georg als Zeitungsverleger vor. Der Vorstand war begeistert, einen Zeitungsverleger hatte man noch nie in den eigenen Reihen gehabt. Das würde die Anliegen der von vielen Unbilden betroffenen Menschen in Deutschland und ihrer Hinterbliebenen vorwärts bringen.

Um die Wahl des Auserkorenen nicht zu gefährden, wurde schleunigst in einem auserwählten Kreis, dessen Zustimmung außer Zweifel stand, eine lässige Abstimmung durchgeführt. So konnte man das normative Wahlverfahren wesentlich vereinfachen und abkürzen, denn das Verbandsrecht sollte nicht unnötig strapaziert werden. Man hatte sich einst schließlich auch deshalb gegründet, um alte Zöpfe abzuschneiden und Entscheidungswege zu Gunsten der Betroffenen und ihrer Hinterbliebenen zu reformieren.

So kam es, wie Georg und seine Freunde es vorgesehen hatten: Er wurde mit überwältigender Mehrheit durch den auserwählten Kreis gewählt und war nun Stellvertreter des Ersten Vorsitzenden. Georg hatte  sein Ziel erreicht und war endlich aufgestiegen. Sein neues Selbstvertrauen wirkte sich schon bald positiv aus: Als einige wenige „Meckerer“, die es in jedem Verband gab und gibt, anmerkten, der neue Stellvertreter sei ja eigentlich „nur“ Pförtner und gar kein Verleger, verbreitete Georg Amts-bewusst, da habe es bei seiner Vorstellung im auserwählten Kreis einen „Kommunikationsfehler“ gegeben. Er habe immerhin den Zeitungsverlag richtig benannt (der „Verleger“ sei eine bedauerliche „Verschreibe“ gewesen) und in der Eile vergessen, seine Funktion als  Pförtner zu erwähnen. Und der Verband gab eine unterstützende Erklärung ab, nach der „unser neuer Stellvertreter richtig aus einem großen Zeitungsverlag“ stamme. Der Vorstand  „zögere nicht , kleinkarierte Herabwürdigungen beruflicher Positionen, wie der eines für jedes Haus wichtigen Pförtners, allein schon aus sozialen Gründen und getreu unseres Satzungsauftrages einhellig zu verurteilen“. Und so konnte der Stellvertreter sein Amt ungefährdet ausüben. Und wenn er nicht zum Rücktritt gezwungen wurde oder abgewählt worden ist, so amtiert er auch noch heute.

Weihnachtszeit – Märchenzeit, auch wenn die Märchen von heute so völlig anders sind als die der Gebrüder Grimm.