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Unservater und Guido
Sicherlich Zufall, dennoch denkwürdig: In der „Süddeutschen Zeitung“ vom 15.11.2010 stehen zwei Meldungen gleichsam gespiegelt auf den Seiten 11 und 12:
1. Bundestagspräsident Lammert übersetzt das Vaterunser neu:
„Unser Vater im Himmel! / Groß ist dein Name und heilig. / Dein Reich kommt, Wenn dein Wille geschieht, / Auch auf Erden. / Gib uns das, was wir brauchen. / Vergib uns, wenn wir Böses tun und Gutes unterlassen. / So wie wir auch denen verzeihen wollen, / Die an uns schuldig geworden sind. / Und mach uns frei, wenn es Zeit ist, / Von den Übeln dieser Welt.“
2. Unter „Tiere“ (auf der Rückseite):
„Guido, 14, Geier, muss sich von seinem Lebensabschnittspartner Detlef, 14, ebenfalls Geier, trennen. Die beiden schwulen Gänsegeier hatten im Allwetterzoo Münster monatelang geturtelt und liebevoll an einem Nest gebastelt. Eine gemeinsame Zukunft hat das Homo-Paar nun nicht mehr, denn der Zoo möchte Nachwuchs – und hat Detlef mit einem aus Tschechien importierten Weibchen verkuppelt.“
Zwei Seiten einer Medaille? Nein, zwei Seiten, zwei Medaillen. Warum? Geben nicht beide (zugegeben sehr unterschiedlichen) Meldungen reformerische Befindlichkeiten wieder? Nur auf den ersten Blick, meine ich.
Lammerts neue Version des Vaterunser ist eine berührende, aus tiefstem Herzen empfundene Transformation des alten biblischen Textes in eine neuzeitliche Sprache, ohne den Inhalt zu verändern. Er reformiert, ohne die überlieferte Aussage des wichtigsten christlichen Gebetes anzutasten oder gar infrage zu stellen.
Die (humoristische) Schilderung des Geierpaares Guido und Detlef widerlegt exemplarisch (wenn auch sicher unbeabsichtigt) die Gender-Lehre, nach der die Unterschiede der Geschlechter eingeebnet und möglichst aus dem Sprachgebrauch getilgt werden sollten. Reformationen lassen sich nur in der Achtung und dem Respekt vor unverrückbaren Gesetzmäßigkeiten verwirklichen. Die Akzeptanz von Homosexualität hat nichts mit der Vernebelung oder Verwischung vorgegebener und unverrückbarer Gegebenheiten zu tun, wie dies die Gender-Missionare mit reformatorischem Anspruch tun.
Eben doch zwei Meldungen, zwei Medaillen und doch – oder gerade deswegen? – nachdenkenswert.