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Siegerlaune reicht nicht

Der Kater folgt der Feier auf den Pfoten. Was waren wir glücklich, haben gejubelt, vor Freude geweint, uns im nie endenden Freudentaumel gewähnt und dachten, das geht nie vorbei. Und wir haben nicht gemerkt, es vielleicht auch gar nicht wissen wollen, wie sich die Kostgänger der einstigen Unterdrücker unter uns gemischt, sich mit dem Freudenvolk vermischt haben. So verschwanden sie in der Taumel-Masse, wurden nahezu unkenntlich. Nur ab und an rief einer: „Der da!“ oder „Die da“! Dann musste ER oder DIE gelegentlich Konsequenzen ziehen und sich aus der Öffentlichkeit, dem oft durch Vergangenheits-Verschweigung erschlichenen
Amt zurückziehen – bis zum nächsten Anlauf. Heute wagen DIE und DER längst den Hochmut vergangener Tage und schmähen die einstigen Objekte ihrer hinterlistigen Belauschung der „Verweigerung von Versöhnung in diesem ´unserem´ Land“. Geht es eigentlich noch perfider? Müssen wir Deutschen der Welt ohne Punkt und Komma, ohne die Nachdenkpause des Innehaltens immer wider zeigen, wie es n i c h t funktionieren darf?
Erst allmählich dämmerte es den Underdogs der vormaligen Diktatur, den Verfolgten und Oppositionellen, dass der Jubel über die Befreiung von Unterdrückung und Gängelung durch eine kleine Polit-Mafia häufig von den Satrapen des umfangreichen Unterdrückungsapparates unterjubelt wurde. Während sich die Widerständler von einst noch verwundert die Augen rieben, besetzten die alten Kader die unteren Streben des neuen Staates, ohne die ein Gemeinschaftswesen, noch weniger deren Führung auskommen können.

Und als der eine oder andere Träumer von einer besseren und freieren Zukunft aufwachte und gewahrte, dass genau die Partei, die man für endgültig tot hielt, unter wiederholter öffentlicher Namenshäutung zu neuer Blüte gelangte, war die Zeit möglicher Veränderungen vorbei. Der Alltag hatte die Träume überholt.
Statt nun neue Gedanken zu entwickeln, sich der Tristesse entgegen zu stellen, um der Zukunft vertane Chancen zu erhalten oder neu zu schaffen, passten sich die einstigen Streiter wider den Ungeist schneller als vielfach befürchtet der neuen Ordnung an, die s o eigentlich nicht die ihre war. Wichtiger als Grundsätze wurden nun gesellschaftskonform die kargen, ohnehin nicht üppigen Plätze in den Funktionärs-Etagen diverser Vereine. Schließlich war man mit Bescheidenheit vertraut. Und man erinnerte sich an die vereinfachten Formen stilisierter Demokratie, verzichtete hier und da auf mühselige Debatten und umständliche, weil aufwändige Abstimmungsformen. War man sich nicht ohnehin einig? Wozu brauchte es da noch Auseinandersetzungen nach innen? Wichtig wurde die Show nach außen, um der eigenen Klientel die Unvergänglichkeit inhaltslos gewordener Sprüche permanent nachzuweisen.

Was wir daraus lernen könnten? Der Kater folgt der Feier auf den Pfoten. Siegerlaune allein reicht nicht. Freiheit ist komplizierter, als wir uns dies in einer kleinen Zelle erträumt haben. Freiheit muss jeden Tag verteidigt, jeden Tag neu erobert werden. Wo wir die falschen Kompromisse schließen, haben wir diesen Kampf bereits verloren, haben wir unseren einstigen gemeinsamen Traum im amtlich vertonten Jubel verloren.

Siehe auch http://www.17juni1953.de >>>Presse: „VOS: Beschwerde gegen „kontrollierte Wahl“ zum Vorstand“ vom 6.01.2010

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