Verschämtes Verschweigen: Gesine Schwan
Gerade einmal 12 Monate ist es her, das die SPD für das Amt des Bundespräsidenten eine Frau auf den Schild hob: Gesine Schwan. Die Begründung war einleuchtend: Es ist Zeit, eine Frau in das höchste Staatsamt zu wählen. Gesine Schwan hielt sich trotz der Aussichtslosigkeit tapfer und erzielte ein achtbares Ergebnis. Keiner wußte oder konnte zu diesem Zeitpunkt ahnen, dass der Bundesrepublik nur zwölf Monate später ein noch nicht dagewesener Rücktritt ihres Präsidenten ins Haus stehen würde.
Aber das die SPD nur ein Jahr später ihre „überzeugende Alternative“ aus dem Jahre 2009 schon vergessen haben würde, hätte wohl auch keiner der Auguren vermutet. Was hat sich an Gesine Schwan in zwölf Monaten so verändert, dass sie nicht mehr Präsidenten-like ist? Oder war der aus dem Hut gezauberte männliche Kandidat Joachim Gauck nur dem, wenn auch kurzfristigen aktuellen Umstand geschuldet, dass die Koalition mit Ursula von der Leyen nun selbst (wieder) eine Frau ins Spiel brachte? Aber reicht selbst das, um gewissermaßen im Nachhinein die eigene Kandidatin so abzumeiern? Nach fünf Jahren kann man eine Neu-Nominierung nachvollziehen, aber nach nur zwölf Monaten?
Der Koalition wird nun parteiliche Taktiererei zum Nachteil des Vaterlandes vorgeworfen. Ich meine, die Opposition, voran die SPD, sollte sich mit diesem Vorhalt an die eigene Nase fassen. Gewiss, Taktik gehört zum politischen Geschäft. Aber auch die Ehrlichkeit sollte dabei nicht auf der Strecke bleiben. Und da wäre wenigstens ein Wort der Begründung, warum man Gesine Schwan nach nur zwölf Monaten einer Kandidatur offenbar für unwürdig hielt, angebracht gewesen. Vielleicht hätte die SPD dann doch einräumen müssen, dass sie diesmal einer Frau (U.v.d.L.) einen Mann gegenüberstellen wollte (J.G.) und darum, auch das wohl politische Logik, nicht auf Gesine Schwan setzen wollte. Egal. Zurück bleiben zwei Frauen, die die taktischen Verletzungen durch ihre Parteien verarbeiten müssen. Gesine Schwan mag sich trösten: Immerhin stand sie einige Wochen zur Aus-Wahl für das höchste Staatsamt.
Die erfolgsverwöhnte Ursula von der Leyen schaffte dies nur für zwei Tage.
Weitere Meinungen zur Präsidenten-Wahl: http://www.17juni1953.de > Presse
Einem Bürgerrechtler wäre es in der DDR nie vergönnt gewesen, offiziell vor einer Kamera kritische Töne anzuschlagen. Hinter Gittern hätte man ihm dies auszutreiben versucht.
Joachim Gaucks Söhne konnten offiziell aus der DDR ausreisen, und sie sind inzwischen nicht an Krebs verstorben wie Rudolf Bahro, Gerulf Pannach, Jürgen Fuchs u.v.a.
Joachim Gauck verwaltete eine Behörde, wo Akten verschwanden und „unabkömmliche“ Mitarbeiter des MfS unbeaufsichtigt agieren konnten. Eine systematische Aufklärungsarbeit wurde nie geleistet. Nur sporadisch erreichten Fälle die Öffentlichkeit, die von der Ekelhaftigkeit, steter Unverfrorenheit und krimineller Energie der Spitzel bis zu den nebensächlichsten Bagatellen auf Dauer die Wirkung erzielen, daß sich Bürger angewidert von der Thematik abwenden.
Während Opfer weiter auf Gerechtigkeit hofften, wurde die Wende von den Kaderchargen geleitet und vollzogen, die man nicht auffliegen ließ oder deren Stolz in geleerten Aktenordnern ruht. Während die Juristische Hochschule Potsdam abgewickelt wurde, driftete als Pendant eine ganze DDR-Theologen-schwemme weg von der Kirche zu Politik und Verwaltung. Eine umfassende Aufarbeitung der B-, HV A- und KGB-Strukturen, die den freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat neu organisiert weiter unter-graben (und deren letzte, zu DDR-Zeiten vergatterte Kader immerhin erst im Jahre 2037 berentet
werden), leistete Joachim Gauck nicht.
Aus diesem Grunde differenziert sich die Wählbarkeit des 70-Jährigen, denn sicherlich werden es ihm zahlreiche Vertreter aus allen Parteien danken, daß er sie nicht enttarnte bzw. ihre Netze nicht störte. Und freilich kann man auch nicht jene davon abhalten, die ihn naiv und fälschlicherweise als „Bürger-rechtler“ oder aus parteitaktischen Erwägungen als Alternative sehen.
Deutschland braucht Köpfe, die nicht nur reden und bei wichtigen Themen schweigen, sondern die dem Volke dienen, indem sie in der einenden Kraft des Wortes zu sagen vermögen, wie man existentielle Probleme löst, die den Bürgern „auf den Nägeln brennen“.
Wieland Zumpe Leipzig, den 21. Juni 2010
c/o Initiative Demokratischer Widerstand